»Wenn ich mich übel verhalte, straft er«

Bildergeschichten XIV:In denen eine Saule einen König piesackt, bevor sie als Grenzstein Dienst tuen muss. Von Verena Risse

»Adde fidem, fuit hic pridem fusus cruor idem ad lapidem, si dem me male, punit idem.« - »Glaube mir, hier wurde vor langer Zeit dies Blut an dem Stein vergossen, wenn ich mich übel verhalte, straft er.« So steht es auf dem Bruchstück einer Granitsäule in St. Gereon, einer der zahlreichen romanischen Kirchen Kölns.

Die Säule soll an der Stelle gestanden haben, an der der heilige Gereon und seine Gefährten das Martyrium erlitten, wobei ihr Blut über die Säule floss. Ihr wird die Fähigkeit zugeschrieben, zwischen Gut und Böse unterscheiden zu können. So geht die Sage, die »Blutsäule« habe den fränkische König Theuderich II im Jahre 612 einen starken Schmerz in wie von einer Waffe in der Seite spüren lassen. Theuderich hatte zuvor seinen Bruder heimtückisch ermorden lassen. Die Strafe folgte auf dem Fuß: Im darauf folgenden Jahr wurden er und seine Familie von seiner Großmutter Brunhilde vergiftet.

Die sagenumwobene Säule weckte 1794 das Interesse der französischen Besatzer, die sie zusammen mit anderem Kulturgut nach Paris schaffen wollten, jedoch zerbrach sie während des Transports bei Bergheim. Erst 1925 kehrte sie an ihre alte Stelle zurück, nachdem ein Bruchstück unter anderem als Grenzstein bei Königsdorf genutzt worden war.

Der Legende nach war Gereon, der als Patron der SoldatInnen gilt und bei Kopfschmerzen angerufen wird, ein römischer Offizier, der in der Nähe von Köln - in der heutigen Mechternstraße in Ehrenfeld - wegen seines christlichen Glaubens enthauptet wurde. Sein Leib soll vor den Mauern der Stadt in einen Brunnen geworfen worden sein, über dem später Kaiserin Helena eine Kirche gebaut haben soll, die später zu St. Gereon wurde, heute eine bedeutende romanische Kirche mit dem einzigen Dekagon nördlich der Alpen. Der zehneckige Mittelbau wurde bereits 1227 vollendet. Die »Blutsäule« wurde bei der mittelalterlichen Renovierung im übrigen sorgsam umbaut.