Bücher ohne Lobby

Anfang Juni wurde die StudentInnenbücherei auf Initiative der Studiobühne geschlossen. Sie will einen zweiten Proberaum. Von Julia Groth

Die meisten Regale sind bereits leer, fast alle Bücher sind in Umzugskartons verschwunden. Seit dem 1. Juni ist die StudentInnenbücherei geschlossen. Das Inventar des gemütlichen Raums im Unikum wird Stück für Stück hinausgetragen, um Platz für das vom Rektorat geplante »Kulturzentrum mit Mehrfachnutzungsmöglichkeiten« zu schaffen. Für viele treue Leserinnen und Leser bedeutet die Schließung das Ende einer Ära.

Als die Studiobühne einen Antrag an das Rektorat stellte, den Lesesaal als zweiten Proberaum zur Verfügung gestellt zu bekommen, fand sich keine Lobby, die groß genug gewesen wäre, sich wirkungsvoll für den Erhalt der StudentInnenbücherei einzusetzen. Zudem machte das letzte Rektorat unter Tassilo Küpper deutlich, dass es diese Einrichtung, die seit Jahrzehnten gemeinsam von Universitätsbibliothek (UB), AStA und Studentenwerk getragen wurde, für überflüssigen Luxus hielt. Ulrich Müller, der vonseiten des AStA für die StudentInnenbücherei verantwortlich war, erklärt dazu: »Die Pläne für die Schließung kamen für uns völlig überraschend. Wir haben gerade mit dem Studentenwerk und der UB darüber gesprochen, wie man die Bücherei besser bekannt machen könne. Angedacht war zum Beispiel die Aufnahme der Bücher in den Katalog der UB.« Ein wesentliches Problem der Bücherei war ihre versteckte Lage, die dazu führte, dass die BesucherInnenzahlen in den letzten Jahren stark zurückgingen. Die breite Palette von Sachbüchern und Romanen wurde zu wenig genutzt. Das Angebot von Tageszeitungen aus aller Welt dagegen war vor allem bei ausländischen StudentInnen sehr beliebt.

Um die StudentInnenbücherei, die dieses Jahr ihr 85. Jubiläum gefeiert hätte, zu erhalten, hatte der AStA zwei im StudentInnenparlament verabschiedete Resolutionen an das Rektorat geschickt. Auf das zweite Schreiben vom März dieses Jahres kam bis heute keine Antwort. Auch Peter Schink, Geschäftsführer des Studentenwerks, zeigt sich resigniert: »Wir hatten keine Chance, da irgendetwas durchzusetzen.« Der einzige Erfolg, den der AStA vermelden kann, ist die gemeinsame Raumnutzung mit der Studiobühne. So sollen dort unter anderem Ausstellungen veranstaltet werden. Trotzdem ist Ulrich Müller alles andere als zufrieden: »Die Bestrebungen der Studiobühne, sich immer mehr auszubreiten, gehen auf Kosten der StudentInnenschaft. Dass vonseiten des Rektorats eine Bibliothek als Luxus empfunden wird, ein weiterer Proberaum für die MitarbeiterInnen der Studiobühne jedoch nicht, ist von bemerkenswerter Absurdität.«

Nun werden die zirka 15000 Bücher, die dem Studentenwerk gehören, unter verschiedenen Einrichtungen aufgeteilt. Ein Teil wird in die UB eingegliedert, weitere Teile gehen an die Fachhochschule, an zwei StudentInnendörfer und zwei Institutsbibliotheken. Der AStA konnte sich rund 1500 Bücher sichern und hat vor, sie in einer eigenen kleinen Bibliothek den StudentInnen zur Verfügung zu stellen. Feste Räumlichkeiten für dieses Projekt wird es allerdings erst ab 2007 geben.

Ulrich Müller befürchtet, dass bei dem Bücherflohmarkt am 28. Juni, auf dem die übrig gebliebenen Bücher für einen bis fünf Euro pro Stück verkauft werden, sich nicht in erster Linie StudentInnen bedienen werden, sondern BuchhändlerInnen und Antiquariate. »Wir wollen die Bücher nicht an Großhändler verscherbeln«, erklärt Schink, muss aber eingestehen, dass man ein Lagerungsproblem habe, wenn am Abend des Flohmarktes noch Bücher übrig seien.