Karols Sterben auf Raten

Bildergeschichten XVII:Auch ein Papst kann Popstar sein Von Beate Schulz

Ein wenig sieht es aus wie auf dem Platz vor dem Buckinghampalast am 31. August 1997, kurz nachdem Lady Di, die »Königin der Herzen«, ums Leben gekommen war. Die Blumen und Kerzen auf dem hier abgebildeten Foto, das am 3. April dieses Jahres aufgenommen wurde, sind jedoch dem »Papst der Herzen« gewidmet. Fotografiert in Krakau, der Heimatstadt des Priesters und Gelegenheitstheaterdichters Karol Woytila, zeigt es zahlreiche Polen und Polinnen, die für ihren Landsmann beten, der bereits seit Tagen öffentlich stirbt.

Frei nach dem Motto »Totgesagte leben länger, aber nicht viel« hatte Johannes Paul II. schon die Bild-Schlagzeile vom vorhergehenden Wochenende »Heute Nacht stirbt der Papst« Lügen gestraft. CNN dementierte derweil am 31. März Gerüchte, man habe vom Vatikan die Bestätigung des Papst-Todes erhalten. Die italienischen Nachrichtenagenturen hätten die Falschmeldung verbreitet, so CNN in der Laufzeile, während im Hintergrund die ewig gleichen Bilder der erleuchteten Fenster der päpstlichen Wohnung und der betenden KatholikInnen über den Bildschirm flimmerten.

Auf dem einen Sender wurde über mögliche Nachfolger spekuliert, auf dem anderen schon mal die jeweils aktuellste Version des Nachrufs in Bildern gezeigt. Woytilas politisches Engagement, sein Bemühen um eine Versöhnung der verschiedenen Religionen wurde gewürdigt. Kritik am konservativen Hardliner, der sich zeitlebens gegen Reformen gewehrt, Schwangerschaftsberatungen und homosexuelle Ehen verteufelt und Abtreibungen mit dem Holocaust verglichen hatte, verblasste hinter dem letzten kaum mehr verständlichen »urbi et orbi«.

Dass auch der Vatikan endgültig massenwirksam im Medienzeitalter angekommen ist und sich die päpstlichen Pressestrategen jederzeit mit denen anderer Staatsoberhäupter messen können, lässt sich seit der Ausstrahlung aller Details der »Himmelfahrt« des Heiligen Vaters nicht mehr bestreiten. Entsprechend schnell konnte man sich dann auch von »zu Tode betrübt« auf »himmelhoch jauchzend« umstellen, als das Konklave sich vom göttlichen Funken inspiriert auf Benedikt XVI. einigte, formerly known as Josef Kardinal Ratzinger. Und da hilft vielleicht wirklich nur noch beten.