Lost in Postmoderne

Bildergeschichten XVII: Zum wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel Chinas Von Verena Risse

Das Stadtbild Haikous erzählt die Geschichte der Veränderungen im China der letzten Jahre. Es gibt den Blick frei auf Altes neben Neuem, auf Plan- und auf Marktwirtschaft. Es erzählt von Wolkenkratzern, bei denen die Bauzeit für eine Etage vier Tage beträgt, so dass die neuen Gebäude innerhalb weniger Wochen hinabblicken können auf ihre grauen, älteren Nachbarn. Und es erzählt von der Sehnsucht der Menschen und von der Macht des Geldes.

Vor allem aber erzählt es von den Gegensätzen, welche das gegenwärtige Bild der Volksrepublik China prägen und beweisen, dass große Veränderungen Spuren hinterlassen.

Nach dem Tod Maos im Jahre 1976 übernahm Deng Xiao Ping die Regierungsgeschäfte in China. Anders als sein Vorgänger lehnte der neue Regierungschef den Kapitalismus nicht mehr ab. Mit dem Ausspruch »Armut ist nicht Sozialismus, reich zu werden ist ehrenhaft« begründete er die Dezentralisierung der Produktion und ließ die Wirtschaft fortan nach marktwirtschaftlichen Prinzipien arbeiten.

Der Bevölkerung gelang die Umsetzung dieser Prinzipien sowie die Anpassung an die neue Situation auf spielerische Weise. Das Wirtschaftswachstum erreichte in den Neunzigerjahren mancherorts bis zu 45 Prozent.

Der dadurch ausgelöste Strukturwandel, der sich zunächst in den urbanen Räumen sowie in den Wirtschaftssonderzonen vollzog, führte zu dem Phänomen der Landflucht. Arbeitshungrige und Glücksritter trieb und treibt es heute noch vom Land in die Industriemetropolen.