KatholikInnen und abgetrennte Körperteile

AbtreibungsgegnerInnen liefern dem Papst Anschauungsmaterial Von Julia Groth

Unfreiwillig schwangere und zur Abtreibung entschlossene Frauen durften sich auch in diesem Jahr bereits einiges an, gelinde gesagt, kritischen Äußerungen anhören. Kardinal Meisner stigmatisierte den Schwangerschaftsabbruch in seiner Silvesterpredigt als schlimmstes Verbrechen aller Zeiten und rief damit große Empörung hervor. Der Papst schrieb in seinem neuen Buch von der »legalen Vernichtung gezeugter, aber noch ungeborener menschlicher Wesen« und zog Parallelen zur Vernichtung der Jüdinnen und Juden im Dritten Reich.

Doch auch außerhalb der angestaubten Welt des Vatikans beziehungsweise des Kölner Doms finden sich AbtreibungsgegnerInnen. Das Internet bietet Gruppen wie Pro Leben und Aktion Lebensrecht die Möglichkeit, altbekannte Argumente im zeitgemäßen Gewand zu präsentieren.

In gelb-violett gehalten wartet die Startseite von Pro Leben mit dem Bild eines ungeborenen Kindes auf, das die Unterschrift »Ich möchte leben!« trägt. Bei der aktuellen Umfrage stimmten bisher 9,75 Prozent der BesucherInnen dafür, dass eine Adoption eine unzumutbare psychische Belastung für Mutter und Kind gleichermaßen bedeutet. Dass aber Abtreibung für die BetreiberInnen der Homepage keinesfalls eine Alternative ist, wird spätestens beim Klick auf die obligatorische Bildergalerie klar. Unter dem Titel »Zeugen des Verbrechens« winken den BetrachterInnen tote kleine Händchen entgegen und liegen notariell als solche beglaubigte Füßchen abgetrennt herum. Der im einleitenden Text erscheinende Ausdruck, dass es sich hier um Bilder »eines [der] größten Verbrechen der Neuzeit« handle, schlägt die Brücke zu Johannes Paul II. und Co.

Nicht viel anders sieht es auf der Homepage der Aktion Lebensrecht aus. Mit Bibelzitaten gewürzte Argumentation, unterstützt durch weniger, aber dafür größere Bilder abgetriebener Föten, legt den Verdacht nahe, dass hier einer vom anderen abschreibt. Sind die Online-GegnerInnen tatsächlich eifrige HörerInnen und LeserInnen der neuesten kirchlichen Ergüsse zum Thema oder surft gar der Papst ab und zu im Internet, um sich auf den gelb-violett-blauen Seiten neue Anregungen für einige Passagen des nächsten Buches zu holen?