Der Schwarm: Die Macht des Meeres

Von Julia Kirchner

Die Bedrohung, die von Veränderungen im Ökosystem der Meere ausgeht, ist angesichts der Flutkatastrophe in Südostasien ein brandaktuelles Thema. Bereits Anfang letzten Jahres hat Frank Schätzing in seinem Roman Der Schwarm die möglichen Folgen eines gestörten ökologischen Gleichgewichts der Unterwasserwelt beschrieben.

Unabhängig voneinander bemerken der Walforscher Leon Anawak und der Meeresbiologe Sigur Johansson beunruhigende Veränderungen in der Welt der Meerestiere und im Ökosystem unter Wasser. Anawaks Wale kehren zu spät von ihrer alljährlichen Wanderung durch den Atlantik zurück. Als die meisten eingetrudelt sind, kommt es zu einer Reihe von untypischen, aggressiven Angriffen auf Menschen. Zeitgleich untersucht Johansson im Auftrag der norwegischen Ölindustrie einen wie aus dem Nichts aufgetauchten, Methan produzierenden Wurm, der in ungeheuer großen Populationen am Kontinentalhang der Nordsee gefunden wurde. Die beiden Wissenschaftler sind schnell alarmiert, tappen aber weitestgehend im Dunkeln und wissen zunächst nichts vom Problem des anderen.

Schnell wird jedoch klar, dass etwas das Ökosystem der Weltmeere aus dem Gleichgewicht zu bringen droht, denn neben den zahlreichen Schiffsuntergängen durch Walangriffe auf der ganzen Welt und einem drastischen Anstieg des Methanvorkommens in der Erdatmosphäre manifestieren sich weitere katastrophale Phänomene. So gibt es unter den Menschen, zu deren Lebensraum das Meer gehört, überdurchschnittlich viele Todesfälle, bis schließlich in der Nordsee der Kontinentalhang bricht und ein Tsunami die Küstenregionen verwüstet.

Nach diesem GAU treten als erstes und mit größter Vehemenz die US-Regierung, die CIA und das US-Militär auf den Plan und scharen eine Auswahl an WissenschaftlerInnen um sich, die allesamt der Schweigepflicht unterworfen werden. Das Meer erhebt sich gegen die Menschheit und dagegen soll mit allen Mitteln etwas unternommen werden.

Schätzing hat mit Der Schwarm einen hollywoodreifen Stoff vorgelegt, der die LeserInnen das Fürchten lehrt. Abgesehen von ein, zwei Längen, die bei einem Umfang von knapp tausend Seiten nicht ins Gewicht fallen, ist der Roman hoch spannend. Gespickt mit vor allem meeresbiologischen Fakten und gezielten Hinweisen auf ökologische Zusammenhänge bietet das Buch nicht einfach eine action-lastige Story. Der Autor hat sich anscheinend sehr ausgiebig mit dem Ozean auseinandergesetzt, so dass er mit einer unterhaltsamen und zugleich bildenden Handlung, die ein gewisses Maß an spekulativen, die Spannung steigernden Elementen nicht auslässt, ein tolles Buch geschrieben hat.

Die Lektüre dürfte für naturwissenschaftlich und ökologisch Interessierte ebenso lohnenswert sein wie für LiebhaberInnen von guten Thrillern, die mehr zu bieten haben als Schusswaffen, Leichen und AgentInnen.

Frank Schätzing: Der Schwarm. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2004, 24,90 Euro.