Literarisches Camp

Von Beate Schulz

»Ich empöre mich, also sind wir«, wird Albert Camus auf dem Rückentext des von Ulf Müller und Michael Zöllner herausgegebenen Bandes Rebel Yell zitiert. Unter der Prämisse, dass es oftmals SchriftstellerInnen waren, »die als erste aufgeschrien haben, wenn sie den Raum der individuellen Freiheit bedroht sahen«, sind Textauszüge aus dem Werk der zwanzig angeblich wichtigsten AutorInnen des zwanzigsten Jahrhunderts in dem Band gesammelt.

Eine Gemeinsamkeit der zwanzig AutorInnen im »literarischen Rebellencamp« ist, laut Vorwort von Christoph Schlingensief, die Rebellion im Kopf. Das ist in manchen Fällen auch die einzige Verbindung der SchriftstellerInnen, zu denen neben dem Kommunisten und späteren Minister André Malraux unter anderem auch Ernst Jünger mit einem Auszug aus Auf der Marmorklippe gehört. Jüngers Roman wird in diesem Fall unkritisch als Zeugnis der inneren Immigration gewertet.

Auch sonst ist die Zusammenstellung bunt gemischt und erscheint wie eine obligatorische Leseliste des schöngeistigen Berufsrevolutionärs in spe. Eldridge Cleaver und Che Guevara dürfen ebenso wenig fehlen wie Henry Miller, Arthur Rimbaud, Allen Ginsburg, Jack London oder Ilja Ehrenburg. Die Rebellinnen sind allerdings mit gerade mal drei Vertreterinnen - Kathy Acker, Sylvia Plath und Ulrike Meinhof - eindeutig unterrepräsentiert.

Im passend als Arsenal bezeichneten Anhang haben die Herausgeber Informationen über ihre RebelIInnen gesammelt, die weniger biografisch sind, sondern eher den nach Ansicht von Müller und Zöllner rebellischen Kontext der einzelnen Werke umreißen. Ob man auf den durchschnittlich zehn Seiten pro Text tatsächlich einen angemessenen Eindruck der jeweiligen Bücher vermittelt bekommt, sei der Beurteilung der LeserInnen überlassen. Zumindest enthält der Band einige interessante Textpassagen aus Büchern, die man größtenteils auch als NichtberufsrevoluzzerIn gelesen haben sollte. Als Anregung, sich genau diese Bücher näher anzusehen, ist Rebel Yell trotz der relativ dünnen Begründung für die Kombination der einzelnen Texte doch empfehlenswert.

Ulf Müller, Michael Zöllner (Hg.): Rebel Yell. Ein literarisches Rebellencamp, Tropen-Verlag, Köln 2004, 12,80 Euro.