»Saved the world a lot«

Nach sieben Jahren läuft die Serie Buffy The Vampire Slayer aus. Wie eine Vampirjägerin zwischen dem Retten der Welt sich selber findet. Von Beate Schulz

»Buffy Anne Summers - She saved the world a lot!« Selten dürfte ein Grabstein Treffenderes über eine Person ausgesagt haben als der von Vampirjägerin Buffy. Mit dem Tod der Serienheldin endet die siebte Staffel von Buffy - Im Bann der Dämonen. In den vergangenen sieben Jahren ist Buffy von Los Angeles nach Sunnydale gezogen, hat Highschool und Berufung zur Vampirjägerin unter einen Hut gebracht, ihre Mutter verloren und eine kleine Schwester dazu bekommen. Sie hat die Schule abgeschlossen und das College abgebrochen. Buffy hat in einem Fast-Food-Restaurant gearbeitet und gesungen, ist zweimal gestorben und wieder ins Leben zurückgeholt worden. Nebenher hat sie diverse Vampire und Dämonen getötet und den Weltuntergang abgewendet.

Was als billiger Teen-Horrorfilm angefangen hat, bildet inzwischen ein komplexes Universum, das sich auch weit über die Grenzen des Fernsehens verbreitet. Die Suchmaschine Google bietet unter dem Stichwort »Buffy« über vier Millionen Einträge. Artikel, Postings und Chats zu Buffy gibt es in rauen Mengen und auch das Merchandising deckt sämtliche Bereiche ab, von Actionfiguren über Romane bis zu DVDs. Nichts, was für eine kommerziell erfolgreiche Serie untypisch wäre. Was Buffy von anderen Serien abhebt, liegt anderswo.

In ihren Anfängen war Buffy zunächst nur das blonde Mädchen aus den Horrorfilmen, das zurückschlägt. Wo andere viel zu schnell starben, um es auch nur zu einer Sprechrolle zu bringen, tritt sie an die Stelle der einsamen Heldin, ausgestattet mit Fähigkeiten, die anderen fehlen und beseitigt jedes Monstrum, das ihren Weg kreuzt. Damit hören die Gemeinsamkeiten mit den üblichen Genrehelden in Horror, Western oder Comics aber auf. Neben dem ihr zugeteilten Wächter Giles bildeten Buffys MitstreiterInnen Willow und Xander schnell den Kern der »Scooby-Gang«, die in den folgenden Staffeln immer erweitert, doch oft auch wieder dezimiert wurde. Gerade die Tatsache, dass Buffy sich nicht von der Außenwelt abschottet, macht zu einem Großteil ihre Stärke aus. Sie besteht darauf, noch ein eigenes Leben zu haben, Regeln auch mal zu ignorieren, sich mit Jungs zu verabreden und ihre Freundschaften aufrecht zu erhalten. Diese Freundschaften sind ein Herzstück der Serie; in den entscheidenden Bewährungsproben sind es nicht übernatürliche Fähigkeiten sondern die Loyalität und die gegenseitige Zuneigung der Hauptfiguren, die immer wieder die Apokalypse abwenden. Natürlich hat das Dasein als auserwählte Jägerin auch seine sozialen Schattenseiten. Für Buffy bedeutet es den »Abstieg« von der Schönheitskönigin zur Einzelgängerin. Das macht die Serie sympathisch und bestätigt die ZuschauerInnen in der Vorstellung, dass gerade die AußenseiterInnen, die Uncoolen und Bücherwürmer im Hintergrund die Welt retten. Und selbst arrogante Snobs wie Buffys Freundin Cordelia offenbaren Unsicherheiten, die normalerweise hinter einer Maske aus Ellen Betrix und Hochmut verborgen werden.

Immer wieder wird bei Buffy mit Stereotypen und Anlehnungen an klassische Genres gespielt. Dabei wird ihnen eine bisher nicht gesehene Vielschichtigkeit verpasst. Das gilt ebenfalls für die Vampirmythologie. Die enthält zwar auch bei Buffy gängige Elemente wie die Abneigung gegen Kreuze und das Töten durch Holzpfahl oder Sonnenlicht. Und die eindimensional dargestellten Monster tauchen nur im Rahmen ihrer raschen Beseitigung auf. Doch im Wesentlichen unterstreicht die Zeichnung der Figuren die Gemeinsamkeiten von Menschen und Vampiren. Die Storyline widmet auch den Untoten eigene Handlungsstränge. So konnte sich ein Vampir wie Spike vom punkigen Serienschlächter zum beseelten Ex-Lover entwickeln.

Joss Whedon, die graue Eminenz hinter der Serie, hat zwar immer reges Interesse an den Reaktionen der Fangemeinde gezeigt, sich jedoch bei den oft über die Staffeln hinausgehenden Handlungsverläufen mehr auf sein ausgefeiltes Gespür für Drama und Tragik verlassen. Die notorischen Fans waren mit vielen Ereignissen nicht einverstanden: Sie wollten nicht, dass Angel die Serie - für das eigene Spin off - verlässt, sie wollten Willow und Xander zusammen sehen (und waren von Oz als Boyfriend-Alternative begeistert), sie hätten Buffy eine funktionierende Beziehung und die Heilung ihrer Mutter gewünscht und wollten auf keinen Fall Tara sterben sehen. Stattdessen gehört Whedon zu den wenigen SeriengestalterInnen, die Melancholie auskosten und damit nach eigener Aussage den Fans nicht unbedingt das geben, was sie wollen, sondern was sie brauchen. So wie man auch Romeo und Julia ein Happy End gönnen, sich aber in diesem Fall kaum an das Stück erinnern würde.

Das bedeutet auch, die dunkleren Seiten der Figuren auszuloten und die Abwege in der Entwicklung der Charaktere nachzuvollziehen. Wenn beispielsweise Willow dem Machtgefühl ihrer magischen Fähigkeiten verfällt und abhängig wird, ist das nicht unbedingt ein populärer Handlungsverlauf, aber verständlich, wenn man die Geschichte der intelligenten Außenseiterin im Hintergrund verfolgt hat. Auch wenn sie nach dem Tod ihrer Freundin Tara Amok läuft und fast den Weltuntergang heraufbeschwört, ist das nichts anderes als eine magische Variante von Trauer und selbstzerstörerischer Wut angesichts eines völlig sinnlosen Todes.

Von den Toten zurückzukehren ist zwar übernatürlich, aber nicht, sich überfordert und deplaziert zu fühlen und wie Buffy nach ihrer Rückkehr in eine zwanghafte Beziehung zu flüchten. Im Verlauf der sieben Jahre hat Buffy die Unbeschwertheit und die Tretminen der Pubertät hinter sich gelassen und musste sich wie andere auch ihrer Verantwortung stellen und Selbstmitleid, Arroganz und andere Selbstschutzmechanismen überwinden.

Vielleicht liegt so gesehen die beste Zusammenfassung der Serie in dem Grabstein von Buffy Anne Summers - in dem Fragezeichen, das in ihrem Fall das Todesdatum ersetzt; in dem Fragezeichen, das für jeden das Erwachsenwerden bedeutet.