Hochschulqualitätsgesetz? No Pasaran!

Die StudentInnenproteste gegen das neue Hochschulgesetz in Spanien gehen weiter. Am 7. März traten Schulen und Hochschulen in einen Generalstreik. Die Streikenden fordern ein gerechtes Bildungssystem. Von Birte Teitscheid

Die StudentInnenproteste in Spanien gegen das neue Hochschulqualitätsgesetz gehen in die nächste Runde. Die im Oktober des letzten Jahres begonnene Protestwelle gegen das Ley Organica de Universidades (LOU) wird auch im jetzigen Trimester mit Großkundgebungen in verschiedenen Städten fortgesetzt. Im Vergleich zum Vortrimester haben sich jedoch die Fronten verschärft. Das Bildungsministerium unter Leitung der rechts-konservativen Ministerin Vera Pilar, das anfangs wenig Notiz von den Protesten nahm, macht jetzt in der Presse gegen die StudentInnen mobil.

Den Auftakt der derzeitigen Auseinandersetzung bildete der Generalstreik von StudentInnen, SchülerInnen, ProfessorInnen und Teilen der ArbeiterInnengewerkschaft am 7. März. Wie die Gewerkschaft der StudentInnen (SE) mitteilte, waren die Proteste mit einer Beteiligung von neunzig Prozent aller StudentInnen und OberstufenschülerInnen ein Erfolg. Auf den verschiedenen Abschlusskundgebungen wurden Forderungen nach einem »gerechten, die öffentliche Meinung repräsentierenden« Hochschulgesetz laut.

Bildungsministerin Pilar, so der SE, wolle mit dem neuen Gesetz die spanischen Universitäten für den lokalen sowie europäischen Wettbewerb rüsten, ohne dabei die katastrophale Lage an den Universitäten zu berücksichtigen. Die Hörsäle an den meisten öffentlichen Universitäten seien überfüllt. Trotzdem soll in Zukunft die Zahl der Lehrbeauftragten - wie in den Vorjahren - weiteren Kürzungen unterliegen. Lehrbeauftragten über 55 Jahren soll die Arbeitszeit und das Gehalt gekürzt werden.

Mit dem neuen Hochschulgesetz, so der SE weiter, würden Hochschulen privatisiert und die Autonomie der Universitätsleitung verstärkt. In Zukunft soll jede Hochschule durch spezifische Eignungstests über die Auswahl ihrer StudentInnen selbst entscheiden können. Daneben sollen StudentInnenvertretungen nicht zuletzt wegen »erhöhter Kosten« abgeschafft werden.

Bereits mit 14 Jahren soll nach dem neuen Gesetz festgelegt werden können, ob SchülerInnen eine weiterbildende Schule besuchen dürfen oder nach zwei weiteren Schuljahren ins Berufsleben entlassen werden. MigrantInnen mit zu geringen Spanischkenntnissen wird der Universitätszugang erschwert.

Der SE und das »Forum für eine öffentliche Bildung«, im dem sich auch PolitikerInnen der oppositionellen, linksstehenden Parteien Partido Socialista Obrero Español (PSOE) und Izquierda Unida (IU) solidarisieren, fordern die Verkleinerung der Klassengrößen in Schulen und ein besseres Stellenangebot für Lehrkräfte an den Hochschulen. Demokratische Mitbestimmungsrechte von SchülerInnen und StudentInnen sollten gefördert werden. Eine zusätzliche Selektion durch frühe Zugangsbeschränkungen für höhere Bildungswege und die Verschärfung von Eignungstests dürfe nicht stattfinden.

Die Reaktion des Bildungsministeriums erfolgte prompt. Wie der SE berichtet, wurde StudentInnen von Seiten des Bildungsministeriums vorgeworfen, durch den Streik absichtlich Prüfungen und Klausuren verpasst zu haben. Mittlerweile nehmen auch die der konservativen regierenden Partido Popular (PP) nahe stehenden Publikationsorgane den Verleumdungsdiskurs gegen die StudentInnen auf. Laut SE wurden StudentInnen von der Tageszeitung La Razon als alkoholisierte GewalttäterInnen bezeichnet.

Vom 17. bis 19. März fand zudem in Salamanca ein europaweites Forum über Bildung und Kultur statt. Etwa zweitausend StudentInnen und SchülerInnen aus Frankreich, Dänemark, Deutschland, Belgien, Niederlande, Griechenland und Spanien nahmen an der Veranstaltung teil. Neben einem Austausch über die derzeitige europäische Bildungspolitik wurden auch die Auswirkungen des General Agreement on Trade in Services (GATS) auf bildungspolitische Maßnahmen diskutiert. Mit dem 1994 beschlossenen Handelsabkommen haben sich mittlerweile 142 Mitgliedstaaten der WTO verpflicht, die Angebote von Dienstleistungen ausländischer AnbieterInnen denen der einheimischen gleichzustellen und keine Handelsbeschränkungen bestehen zu lassen. Zu den frei zu handelnden Dienstleistungen gehört neben Gesundheitsdiensten auch die Bildung, sofern sie nicht allein vom Staat geleistet wird.

Die volle Gleichstellung von ausländischen AnbieterInnen bedeutet auch, dass sie die gleichen Ansprüche auf Subventionen haben wie nationale Unternehmen. Für die Bundesrepublik hieße dies dann beispielsweise, dass auch ausländische »Hochschulfilialen« Anspruch auf Mittel nach dem Hochschulförderungsgesetz haben. Dass dies noch nicht geschehen ist, liegt an einer Ausnahmeklausel, in der es sich die Staaten der Europäischen Union bislang vorbehalten, nach eigenem Gutdünken zu subventionieren. Ausnahmeregelungen wie diese Klausel müssen laut GATS jedoch alle zehn Jahre erneuert werden.