Neue deutsche Bildungskatastrophe?

Von Dieter Keiner

Die Ergebnisse der PISA-Studie haben im internationalen Vergleich ein Schlaglicht auf die dürftigen Ergebnisse des deutschen dreigeteilten Schulsystems geworfen und letztlich bestätigt, was kritische BildungspolitikerInnen und LehrerInnen seit den Sechzigerjahren wissen: Soziale Disparitäten werden zementiert, Leistungen der Räson geopfert, MigrantInnenkinder über Bildung weiter diskriminiert. Was eine Katastrophe für die Gesellschaft sein mag, scheint gleichwohl ein Erfolgsrezept für den »Standort Deutschland« zu sein. Einige grundsätzliche Fragen.

Mit der PISA-Studie der OECD ist für die Bundesrepublik die Diskussion wieder dort angekommen, wo sie schon zwischen Mitte der Fünfziger- und Mitte der Sechzigerjahre war: Bei den Themen »Bildungspolitik als Gesellschaftspolitik in der Demokratie« und »Bildung als Bürgerrecht«. Nach Jahrzehnten stellt sich wiederum die Frage, wie oder auch ob mit Hilfe staatlicher Bildungspolitik unter Bedingungen eines historisch gewachsenen öffentlichen Schulsystems eine angemessene, hohe Massenalphabetisierung erreicht, stabilisiert und weiterentwickelt werden kann - jenseits von sozialer oder demographischer Herkunft, von Geschlecht, Religion oder Ethnie. Zur Diskussion stehen damit, im Unterschied zur Verengung des Themas auf Bildungsfragen und Chancengleichheitsperspektiven in den Sechzigerjahren, die kulturellen Gesamtverhältnisse der BRD.

Merkmale und Ergebnisse der Studie

PISA (Programme for International Student Assessment) ist ein »Programm zur zyklischen Erfassung basaler Kompetenzen der nachwachsenden Generation« und damit »Teil des Indikatorenprogramms der OECD«, mit dem den Mitgliedstaaten »vergleichende Daten über die Ressourcenausstattung, individuelle Nutzung sowie Funktions- und Leistungsfähigkeit ihrer Bildungssysteme zur Verfügung« gestellt werden. Teilgenommen haben 32 Staaten, davon 28 OECD-Mitgliedsstaaten. Zielpopulation sind vollzeitschulpflichtige 15-jährige SchülerInnen. Die Datenerhebung für die jetzt publizierte Studie fand im Jahr 2000 statt. Weitere Erhebungen werden 2003 und 2006 stattfinden. Methodisch handelt es sich um eine Mischung von Multiple-Choice-Aufgaben und Fragen, für die von den SchülerInnen Antworten zu entwickeln sind. Zusätzlich musste ein SchülerInnenfragebogen mit »Hintergrundfragen« bearbeitet werden und die SchulleiterInnen wurden gebeten, Fragen zur Schule zu beantworten. Die Ergebnisse beziehen sich also auf ein Profil der SchülerInnen am Ende der Pflichtschulzeit. Weltweit haben 180000 SchülerInnen teilgenommen. Für die Bundesrepublik war es eine repräsentative Stichprobe von ca. 5000 SchülerInnen aus 219 Schulen mit im Durchschnitt 23 SchülerInnen pro Schule im Alter von 15 Jahren. Damit die Ergebnisse Aussagewert auf der Ebene der Bundesländer haben, wurde die Stichprobe auf 1466 Schulen erhöht und es wurden über 50000 SchülerInnen in die Studie einbezogen. Die Ergebnisse zu Ländern und Schulformen sollen in der zweiten Hälfte des Jahres 2002 veröffentlicht werden.

In den Bereichen der Lesekompetenz (»Reading Literacy«), der mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenz (»Mathematical Literacy«/«Scientific Literacy«) wurde jeweils auch die Qualität der Kompetenzen mit Blick auf »Anwendungssituationen« schulischen Wissens untersucht (»Cross-Cultural Competencies«). In der Definition der Studie erscheint »Reading Literacy« als »eine Bedingung für die Weiterentwicklung des eigenen Wissens und der eigenen Fähigkeiten - also jeder Art selbständigen Lernens - und eine Voraussetzung für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.« »Mathematical Literacy« wird definiert »als die Fähigkeit, die Rolle, die Mathematik in der Welt spielt, zu erkennen und zu verstehen, begründete mathematische Urteile abzugeben und sich auf eine Weise mit der Mathematik zu befassen, die den Anforderungen des gegenwärtigen und künftigen Lebens einer Person als konstruktiven, engagierten und reflektierten Bürgers entspricht.« »Scientific Literacy« wird definiert »als die Fähigkeit, naturwissenschaftliches Wissen anzuwenden, naturwissenschaftliche Fragen zu erkennen und aus Belegen Schlußfolgerungen zu ziehen, um Entscheidungen zu verstehen und zu treffen, welche die natürliche Welt und die durch menschliches Handeln an ihr vorgenommenen Veränderungen betreffen.«

Mit der PISA-Studie wird ein Thema öffentlich, das in der Bundesrepublik nicht zuletzt mit Blick auf das Bild Deutschlands im Ausland tabuisiert wird: Analphabetismus, genauer: funktionaler Analphabetismus in seiner quantitativen wie qualitativen Dimension, einschließlich der Rolle, die das öffentliche Schulsystem bei der Herstellung dieses Analphabetismus spielt. Und es geht um die Frage, wie viele Menschen so ihrer aktiven, gesellschaftlichen Partizipationsmöglichkeiten beraubt und zur Verdrängungs- und Verschiebemasse der Arbeitsmärkte gemacht werden.

Mit den Untersuchungsbereichen »Familiäre Lebensverhältnisse, Bildungsbeteiligung und Kompetenzerwerb« und »Lebens- und Lernbedingungen von Jugendlichen« werden zwei weitere Tabuthemen öffentlich: die Bedeutung der Klassen- und Schichtstruktur für die Lebens- und Bildungsperspektiven von Kindern und die Folgen einer repressiv-reaktionären »Innenpolitik« gegenüber MigrantInnen und deren Kindern, also gegenüber »Familien mit Migrationsgeschichte«, so der Jargon der Studie.

Zumindestens im Bezug auf die alte BRD können die Ergebnisse nicht besonders überraschen, ist doch genau dies seit Jahrzehnten bekannt, bewußt in Kauf genommen und befördert worden: »In Deutschland (ist) die Kopplung von sozialer Lage der Herkunftsfamilie und dem Kompetenzerwerb der nachwachsenden Generation ungewöhnlich straff.« Dass dies in vergleichbaren Ländern anders ist, »ist in der Regel auf eine erfolgreiche Förderung von Kindern aus sozial schwächeren Schichten zurückzuführen.« Zudem betont die Studie, dass »eine stärkere Entkopplung von sozialer Herkunft und Kompetenzerwerb … nicht mit einer Absenkung des Niveaus verbunden (ist). Im Gegenteil: Eher deutet sich eine Tendenz an, dass bei einer Verminderung sozialer Disparitäten auch das Gesamtniveau steigt, ohne dass in der Leistungsspitze Einbußen zu verzeichnen wären.« Ein weiteres Ergebnis ist, dass »eine Optimierung beider Gesichtspunkte - Sicherung eines hohen Kompetenzniveaus und Verminderung sozialer Disparitäten - … maßgeblich vom Erreichen eines befriedigenden Niveaus der Lesekompetenz in den unteren Sozialschichten« abhängt.

»Bürgerrecht auf Bildung« oder das Ende der Finanzierbarkeit sozial-kultureller Leistungen?

Die bisher veröffentlichten Ergebnisse der PISA-Studie machen deutlich, dass es einen Zusammenhang zwischen einem dominanten, die Bildungspolitik steuernden kulturellen Selbstverständnis und Sozialstruktur, Bildungsinvestitionen, Schulstruktur, Lernhaltungen und Lernergebnissen gibt. Es wird zudem deutlich, dass es innerhalb des Spektrums vergleichbarer kapitalistischer Länder signifikante Unterschiede gibt: »Die transkulturelle Variabilität (…) ist erstaunlich groß.« Die Ursachen für diese Differenz können sinnvoller Weise nur in den kulturellen Gesamtverhältnissen der Bundesrepublik gesucht werden.

Über Analysen zu den Ursachen der Bildungsmisere würde die PISA-Studie zur Herausforderung, die spezifische Qualität des BRD-Kapitalismus, die besondere Funktionsweise des Staates mit Blick auf die öffentlichen Angelegenheiten und die des öffentlichen Schulwesens in seiner herrschaftsrelevanten Reproduktionsfunktion zu thematisieren. Auch würden so die kulturellen Implikationen der BRD-spezifischen Einwanderungs- und MigrantInnenpolitik zum Thema, die bedingungslos Assimilation fordert, aber soziale Ausgrenzung, Marginalisierung und soziale Selektion an immer neuen Generationen entscheidend auch über Bildung betreibt.

Für Ursachenanalysen erscheint eine andere als die »offizielle« Lesart der Ergebnisse der PISA-Studie geboten: Trotz des miserablen Abschneidens in dieser Studie ist die Bundesrepublik in der Hierarchie der kapitalistischen Hauptländer in allen relevanten Bereichen auf den vorderen Plätzen zu finden. Worüber sich also aufregen? Ist nicht gerade die erreichte innere Polarisierung der Bevölkerung in Bildungsfragen eine funktionale Bedingung für diesen Spitzenplatz? Wozu hohe und kontinuierliche Investitionen in eine gute Alphabetisierung der einheimischen und zugewanderten Massen tätigen, wenn es doch offenbar funktionsfähige Strukturen und Mechanismen für die Heranbildung und Nachqualifizierung der relevanten Eliten gibt? Warum es sich zum Problem machen, welches Niveau von zeitgemäßer Massenalphabetisierung es den Menschen erlaubte, aktiv an den Prozessen der Gesellschaft teilzunehmen angesichts der langjährigen Erfahrungen mit den autoritär-technokratischen Funktionsweisen der parlamentarischen Demokratie? Warum Widerstandspotenziale ernst nehmen, die bei einer weiteren sozialen Polarisierung der Bildungsverhältnisse entstehen könnten, wo wir doch am Beispiel der USA studieren können, dass aus einer ökonomischen, sozialen und kulturellen Verelendung großer Bevölkerungsgruppen kein subversives oder gar revolutionäres, systemgefährdendes Potenzial entsteht und dass der Staat in jedem Falle über die Bereitschaft wie die Mittel verfügt, das innerstaatliche Gewaltmonopol gegen die »eigene« Bevölkerung zu richten?

Könnten wir neben das Infrastrukturgutachten der Deutschen Bauindustrie zur baulichen Verfassung des öffentlichen Sektors und neben die PISA-Studie ein Gutachten zur Zerstörung der kulturellen Infrastruktur der BRD in den letzten zehn Jahren legen, wäre eine weitere Erkenntnis unausweichlich: Die BRD ist auf der Ebene des Bundes, der Länder und Kommunen insolvent, bankrott, finanzierungsunfähig mit Blick auf die dringendsten Investitionen zum baulichen Bestandserhalt der öffentlichen Infrastruktur, gar nicht zu reden von einer in der Fläche des Landes zu verbessernden oder wieder aufzubauenden sozial-kulturellen Infrastruktur. Dass sich dagegen beispielsweise die Bildungsinfrastruktur der Bundeswehr in einem guten Zustand befindet, mag nicht überraschen und ist als strategische Abkopplung vom öffentlichen Sektor zu begreifen. Digitale Spaltung, soziale Polarisierung, massenhafter funktionaler Analphabetismus - wen kümmert es? Die Bundeswehr selektiert bei den Wehrpflichtigen die Analphabeten aus, versorgt die Menschen, die sie braucht, mit der Bildung, die diese in einer Armee brauchen, die auf ihrem Weg zu einer weltweit agierenden Berufsarmee der Zukunft ist. Und wie sieht es mit der »Selbstversorgung« anderer zentraler staatlicher Hoheitsbereiche aus? Eine Deutsche Hochschule der Polizei ist in Planung. Und was ist mit dem Rechtswesen? Und welche sie direkt versorgende Bildungsinfrastruktur bauen sich die global agierenden Kapitalfraktionen auf?

Das Öffentliche mutiert offenbar auch in Bildungsfragen zu einer neuen Privatheit. Wie es aussieht, ist das Vermächtnis der revolutionären Tat einer sozialen Konstruktion von Massenerziehung vom Beginn des 19. Jahrhunderts dabei, über »Re-Feudalisierungsprozesse« als nicht mehr tradierungs- und entwicklungswürdig gezielt diskreditiert und zugunsten einer neuen Privatheit mit Hilfe des Staates entsorgt zu werden.

Basisorientierung statt Staatshörigkeit

Eine neue bildungspolitische Bewegung hätte die äußeren Strukturen des Schulwesens der BRD radikal im Sinne einer Horizontalisierung zu verändern und im Inneren völlig neue Strukturen für Lernprozesse und für die Generierung von Inhalten zu erfinden. Sie wäre angewiesen auf eine hochmotivierte und gut bezahlte Generation von jungen LehrerInnen und WissenschaftlerInnen, die sich den gesellschaftlichen Wandel im Sinne einer Überwindung »sozialer Disparitäten« zu einer bewussten Aufgabe machten. Für mich ist nicht erkennbar, dass hierfür mehr als rudimentäre Voraussetzungen gegeben wären oder dass diese aus Anlass der PISA-Studie mal eben erfunden werden könnten. Solche Voraussetzungen wären als ein Projekt neuer Generationen mit Blick auf eine bewusste Praxis in einer Zeitperspektive auf die Mitte dieses Jahrhunderts hin zu schaffen.

Hier liegt aus meiner Sicht die einzige realistische Perspektive, der wir uns angesichts der PISA-Studie bewusst werden könnten: als Chance für vielfältige Bewegungen von unten, in denen es zunächst darauf ankäme, mit den gegebenen Bedingungen, aber einer anderen Praxis, die Bildungsverhältnisse für Kinder und die Arbeitsbedingungen für LehrerInnen und WissenschaftlerInnen zu verbessern und so auch Neueinstellungen durchzusetzen. Ein bewusst widerständiges Handeln in gegebenen Spielräumen und im Widerspruch zu den dominanten Mustern staatlicher Bildungspolitik wie zu eingefahrenen Praxismustern ersetzte zwar staatliches Handeln nicht, machte sich aber von diesem nicht abhängig und ließe sich von diesem nicht die Initiative für eine andere Praxis nehmen.

Eine solche Orientierung kann auch davor schützen, sich die Lesart der Ergebnisse der PISA-Studie vom Staat, von den Parteien oder der »offiziellen« Politik vorgeben zu lassen und stattdessen in die eigene »reading literacy« zu vertrauen, aus den Ergebnissen der Studie Folgerungen für eine Veränderung der eigenen Praxis herzuleiten und zu Initiativen mit anderen zu kommen. Dabei ist es als Chance zu begreifen, dass unter Bedingungen einer sich radikal globalisierenden Welt internationale Vergleichsstudien die ideologische Verkleisterung der in einem Nationalstaat gegebenen miserablen Bildungsverhältnisse, deren Legitimation wie das Ausweichen vor der Analyse der Ursachen erschweren.

Über eine so vermittelte neue Sicht auf die Bildungsverhältnisse der Welt wird zudem deutlich, dass es in jedem Nationalstaat eine spezifische Gleichzeitigkeit von »Erster« und »Dritter« Welt gibt, dass Strukturmerkmale von Zentren und Peripherien innerhalb eines jeden Nationalstaates zu finden sind. Die USA sind hierfür ein signifikantes Beispiel. Die Bundesrepublik ist, wie die PISA-Studie zeigt, auf einem guten Weg dahin. Die Gründe für ein neues Verständnis von nationaler Bildungspolitik, das im UNESCO-Kontext seit Mitte der Neunzigerjahre entwickelt wurde, liegen genau dort, wo auch ein neues Bewusstsein für eine basisorientierte Bildungspolitik dadurch entstehen könnte, dass LehrerInnen wie WissenschaftlerInnen bewusst die nationalstaatliche Bezugs- und Identifikationsebene verlassen und dazu beitragen, die Verantwortung nationalstaatlicher Bildungspolitik für die Weltbildungsverhältnisse neu zu bestimmen. Die Qualität der nationalen Bildungsverhältnisse würde so als Beitrag zur Qualität der Bildungsverhältnisse der Welt begriffen. In diesem Bewusstsein wäre jedeR AnalphabetIn in der Bundesrepublik kein Beitrag zur Reduktion der Zahl der einen Milliarde oder mehr AnalphabetInnen in der Welt. Jedes verantwortlich alphabetisierte Kind aus dem Senegal gehörte zu der Zahl der verantwortlich alphabetisierten Kinder der Welt - bei bewusster Absage an den »literalen Mythos«: keine Alphabetisierungsmaßnahme liefert Proteine oder sauberes Wasser, sie kann Medikamente nicht ersetzen, bringt Eltern keine Beschäftigung und beinhaltet den Widerspruch, aus einem Menschen, ganz im Sinne herrschenden Alphabetisierungsverständnisses, eine ökonomisch verwertbare Humanressource zu machen.

Lokal, national, global

Ob es gelingen wird, Bildungspolitik von unten in der unmittelbaren Verantwortung gegenüber Kindern und Jugendlichen zu machen, auch unter Verletzung von Loyalitätspflichten gegenüber dem Staat, erscheint mir eine der spannenden Fragen zu sein, zu denen die PISA-Studie provoziert. Wird dies aber nicht gelingen, werden sich die Bildungsverhältnisse in der Bundesrepublik weiter polarisieren und für immer mehr Menschen verschlechtern. Neue Generationen von Eltern, LehrerInnen und WissenschaftlerInnen sollten sich daher Erkenntnissen nicht versperren, die uns die PISA-Studie offeriert: Staatliche Bildungspolitik verdient aufgrund ihres 50-jährigen Versagens in der Bundesrepublik keinen Kredit und bedarf des öffentlichen Widerstandes. Zu den Erkenntnissen gehört auch, dass die mainstream-Erziehungswissenschaft in ihrer Staats- und Parteienförmigkeit kein Faktor ist, der Bildungspolitik im Interesse aller Kinder dieser Gesellschaft subversiv mitgestalten könnte. Zudem hat diese »Leitwissenschaft« für den Bereich der LehrerInnenausbildung nicht nur einen Begriff von Bildungspolitik als Gesellschaftspolitik in den vergangenen Jahrzehnten preisgegeben, sondern sich auch des Wissens entledigt, das sie zum Problem der stetigen Neuproduktion von funktionalen AnalphabetInnen durch das öffentliche Schulwesen hatte. Nur durch eine gesellschaftspolitisch von allen denkbaren AkteurInnen geleistete Arbeit zur Verbesserung des kulturellen Umfeldes von Schule wird diese eine Chance haben, sich selbst zum Nutzen aller Kinder zu verändern. Basisorientierung und Dezentralisierung von Macht als Momente einer neuen, realistischen Bildungspolitik sind jedoch nur als soziale Bewegung denkbar, über die auch der Staat gezwungen werden kann, die Verschleuderung gesellschaftlichen Reichtums für eine aggressive Militarisierungs-, Kriegs- und Überwachungspolitik zu beenden.

Dr. Dieter Keiner arbeitet im Fachbereich Erziehungswissenschaft und Sozialwissenschaften der Universität Münster. Der Text ist eine von der Redaktion gekürzte Fassung und erschien zuerst in Forum Wissenschaft, Ausgabe 1/2002 (www.bdwi.de/forum).