O Nacht! Ich nahm schon Flugbenzin

In Das brennende Archiv gelingt ein vielseitiges Portrait Thomas Klings Von André Patten

kling_1.jpg

O Nacht! Ich nahm schon Flugbenzin …", so beginnt ein großartiges Gedicht des Düsseldorfers Thomas Kling aus dem Gedichtband "Geschmacksverstärker. Gedichte von 1985-1988". Den richtigen Satz zum richtigen Zeitpunkt, das genaue Wort, den Auftakt effektvoll zu gestalten - das wusste Kling stets gut in seinen Texten zu inszenieren, wie der Einstieg in das Gedicht "Ratingen Zettbeh" zeigt.

Thomas Kling verbrachte den Großteil seines Lebens im Rheinland, bevor er 2005 im Alter von 48 Jahren in Dormagen verstarb. Sein eindrucksvolles lyrisches Werk gab seitdem zu mehreren Publikationen Anlass. Dieses Jahr kam eine weitere wichtige hinzu: Für Das brennende Archiv stellten Norbert Wehr und Ute Langansky unveröffentlichte Texte Klings, Skizzen und Fotos sowie zu Lebzeiten entlegen publizierte Gedichte, Essays und Gespräche zusammen - und förderten damit einige literarische Schätze ans Tageslicht!

Neben den Manuskriptseiten zu "Öffentliche Verkehrsmittel" oder "letzter take: bogart" mit den Gelegenheitszeichnungen des Autors finden sich in Das brennende Archiv Postkarten, expressive Fotos von Auftritten Klings, einige Gedichte aus den Achtziger Jahren, Essays sowie private E-Mails, Briefe und sogar die fotokopierten Hände des Autors.

Langansky und Wehr verzichten auf Kommentare und Erläuterungen. Stattdessen lassen sie einzig Kling über seine schriftstellerische Tätigkeit sprechen und bieten den LeserInnen so einen Einblick in den Menschen hinter dem Text.

Das brennende Archiv ist eine wunderbare Einladung, sich (wieder) mit einem der besten deutschen Lyriker­Innen der Achtziger und Neunziger Jahre zu befassen. All jenen, die den Dichter Kling noch nicht kennen, sei empfohlen, sich auf Youtube das eine oder andere Performance-Video des Künstlers anzusehen. Denn Thomas Kling hat seine Gedichte nicht bloß vorgelesen, er hat sie ausdrucksstark inszeniert.