Ouvertüre

Von Redaktion

reh_ouvertüre.jpg

Vergil, Hartmann von Aue und Heinrich von Kleist hätten ihre wahre Freude an den Umbaumaßnahmen der Universität zu Köln gehabt. Was die unterschiedlichen Dichter aus verschiedenen Epochen mit unserer Uni zu schaffen haben? Sie alle besangen in ihren Werken den locus amoenus, den liebreizenden Ort, zu dem nun auch endlich unser heißgeliebtes Philosophikum umgebaut werden soll. All die Qualen, die wir während der Baumaßnahmen zu erleiden haben, der ohrenbetäubende Lärm, der modrige Geruch, das mühselige Zwängen durch sogenannte Löwengänge, werden sich bald doppelt und dreifach rentieren. Denn: Das Prunkstück, das Atrium, soll endlich frei begehbar gemacht werden. Träumen wir also von einem Ort für künftige Hoffeste, Liebesszenen und Meditationen. Wer nach einem anstrengendem Seminar in einem der muffigen, fensterlosen Räume des Betonklotzes nach frischer Luft lechzt, kann den neuen Lichthof betreten und sich - gutes Wetter vorausgesetzt - an der hereinfallenden Sonne laben. Eine blumige Wiese schmeichelt dem Schuh und eine Schatten spendende Linde lädt zum Verweilen ein. Munter sprudelt ein Quell vor sich hin, aus dem Unterholz lugt neugierig ein Reh hervor. Vögel zwitschern leise Hintergrundmusik und bezirzen die AtriumsbesucherInnen, den Unialltag hinter sich zu lassen und auszuspannen. Die Universität zu Köln als ein Garten Eden, welcher all unsere verborgenen Sehnsüchte und Begierden erfüllt - und nur durch die jähe Erinnerung daran zerstört wird, dass unweit dieser Idylle, im neuen Servicegebäude der Uni, der Lokus (ihr wisst schon welcher) vergessen wurde einzubauen. Eine Schreckensvision mischt sich in den Tagtraum: das liebreizende Atrium, ein improvisierter Donnerbalken? Das könnte die Universität ganz schnell wieder in einen schrecklichen Ort verwandeln: einen locus terribilis nämlich.

Auf ein anderes Örtchen zieht sich zurück

die Redaktion.