Frau Münchhausen

Mit Hoppe entwirft Felicitas Hoppe eine Wunschbiografie Von Laura Reina

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In ihrem neuesten Werk beschreibt Felicitas Hoppe die Kindheit eines Mädchens, das aus seiner Geburtsstadt Hameln entführt wird und fortan mit dem Entführer-Vater durch die Welt reist. Das Mädchen soll sie selbst gewesen sein.

Hoppe beginnt ihr Buch mit dem Hinweis »Für Familienmitglieder gilt das gesprochene Wort!«. So ist schnell klar, dass Felicitas Hoppes Roman, der durch den einfachen, wie treffenden Titel Hoppe autobiografisch anmutet, keine Biografie ist.

Die Autorin, die in diesem Jahr den Georg-Büchner-Preis erhielt, reimt sich in diesem Roman eine hanebüchene Vergangenheit zusammen, die Kinder wie Erwachsene beeindruckt. Die Protagonistin des Romans wird als passionierte Eishockey-Spielerin ohne sonderlich großes Talent, aber mit viel Herzblut gezeichnet. Das junge Mädchen pflegt eine Leidenschaft fürs Briefeschreiben. Sie schreibt an Personen, die angeblich ihre Familie in Deutschland sein sollen. Die Sehnsucht nach einer (anderen) großen Familie spiegelt sich in der Liebe zur Familie ihres prominenten Eishockey-Kollegen Wayne Gretzky wider.

Durch die korrigierenden Kommentare einer Erzählinstanz, die sich hinter dem Kürzel fh versteckt, wird die Illusion erweckt, es gebe tatsächlich eine Person, welche als ZeitzeugIn die Geschichten ergänzen und richtig zu stellen vermag. Passagen wie: »Zurück vom Hoppetext zu den Fakten« zaubern beim Lesen immer wieder ein Schmunzeln auf die Lippen. Auch die interviewten Personen im Roman, die die junge Hoppe charakterisieren sollen, sind klug in Szene gesetzt. Es ist erstaunlich wie die Autorin das Genre der Autobiografie nutzt, verzerrt und den LeserInnen auf energische Art aufzeigt, dass geschriebenes Wort nicht immer auch gleich Wahrheit beschreibt. Die Phantasie der Autorin ist beeindruckend. Das Spiel mit Genreerwartungen ebenfalls. An vielen Stellen referiert Felicitas Hoppe auf ihre KritikerInnen und nutzt den Roman als schlagfertige Antwort auf das Feuilleton.

Als Lügengeschichte ist Hoppe ganz ausgezeichnet, als Neukonzeption des Genres Biografie amüsant, aber vielleicht doch etwas langatmig.