Hamas mal anders

Hamas - Die islamische Bewegung in Palästina räumt mit dem gängigen Bild der Hamas auf Von Hanna-Lisa Hauge

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Über die Hamas wird viel geschrieben. So behaupten die Schreiber­Innen des passenden Wikipedia-Artikels, dass die Hamas in Palästina einen islamischen Staat errichten und den israelischen Staat beseitigen will. Khaled Hroub, der am Zentrum für Islamstudien der Uni Cambridge lehrt, möchte dem verzerrten Bild, welches in Bezug auf die Hamas vorherrscht, entgegenwirken. Er betont, dass die Hamas durchaus andere Seiten hat als die einer »Terrororganisation« und dass sie sich besonders seit ihrem Sieg in den demokratischen Wahlen zur Nationalbehörde Palästinas 2006 verändert hat. Mit dieser Position steht er weitgehend alleine: die meisten Regierungen erkennen diese Entwicklung noch nicht an. Um diese immer wichtiger werdende und sich wandelnde Organisation realistisch einschätzen zu können, ist es wichtig, aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen. Ein zentraler Ansatzpunkt der Analyse des Autors ist es, sich nicht nur auf die schriftlichen Dokumente der Organisationen zu verlassen, sondern auch die Handlungen der Hamas als politischer Akteurin zu untersuchen. Der Aufbau nach einem Frage-Antwort-Schema macht dabei das komplexe Thema zugänglich.

Hroub stellt fest, dass beispielsweise das angebliche Ziel der Hamas, einen islamischen Staat zu schaffen, nur in den frühen Schriften auftaucht und in seiner Bedeutung für die heutige Politik überschätzt wird. Das Ziel Israel zu vernichten, wie es der Hamas zumeist unterstellt wird - so auch in allen deutschsprachigen Wikipedia-Artikeln zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Texts -, sei niemals öffentlich propagiert worden. Ebenso drücke die Hamas-Charta, welche vielen JournalistInnen und anderen, die über die Hamas sprechen, sehr oft als Grundlage der Charakterisierung dient, nicht die gegenwärtige Zielsetzung der Hamas aus. Diese sei viel pragmatischer ausgerichtet, als es den Anschein hat.

Die jahrelange Beschäftigung des Autors mit der Hamas macht das Buch sehr informativ. Gerade weil das Thema eine solche politische Sprengkraft besitzt, wäre es jedoch wünschenswert gewesen zu Lasten der Lesbarkeit durchgehend die Quellen in Fußnoten anzugeben.