Signal nach Ehrenfeld

Der Inklusiven Universitätsschule fehlt zur Verwirklichung nur noch ein Grundstück. Der Traumstandort ist das Helios-Gelände in Ehrenfeld. Von Johanna Böttges

Wer in Deutschland zur Schule geht, ist schnell einsortiert. Ob Gymnasium, Real- oder Hauptschule: Mit der Entscheidung für eine weiterführende Schule ist nach nur vier Jahren oft auch schon besiegelt, welchen Platz in der Gesellschaft die SchülerInnen als Erwachsene einnehmen werden. Das Fatale: Unser Schulsystem produziert soziale Ungleichheit. Dass die Bundesrepublik dadurch das Menschenrecht auf Bildung verletze, hat bereits 2007 Vernor Munoz angemahnt, der als UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung auf Deutschlandbesuch war.

Aber auch viele angehende LehrerInnen wollen nicht länger Teil einer Institution sein, die nur den ohnehin Privilegierten Chancen bietet und kaum Freiräume lässt für die eigenen Vorstellungen vom Unterrichten. Vor einigen Jahren beschlossen daher Studierende der Humanwissenschaftlichen Fakultät, ihre eigene Schule zu gestalten. Zusammen mit Lehrenden gründeten sie das Projekt school is open und entwickelten das Konzept für eine Inklusive Universitätsschule (IUS). Inzwischen hat die Initiative viele UnterstützerInnen gefunden, darunter die Kölner Schuldezernentin Agnes Klein.

Keine Privatschule für Wenige wird die IUS, sondern eine Schule in öffentlicher Trägerschaft. Nach dem Motto »Eine Schule für alle« will die IUS Kinder aus unterschiedlichen sozialen Milieus, mit und ohne Behinderungen zusammenbringen. Soziale oder ethnische Herkunft, Behinderung oder Geschlecht sollen nicht mehr über die Bildungschancen von Kindern entscheiden. Eine demokratische Selbstverwaltung soll sicherstellen, dass alle Angehörigen der Schule an deren Gestaltung beteiligt sind.

Neben dem Schulsystem will school is open auch die LehrerInnenausbildung verbessern. Angehende LehrerInnen sollen hier schon während des Studiums Unterrichtsmethoden erproben - auch unkonventionelle. Ob »teaching in public« oder Lernen auf Sitzsäcken, hier soll ein Raum sein, mit unterschiedlichen Lernformen zu experimentieren. In Praxisphasen werden die Studierenden jeweils einen Tag pro Woche den Schulunterricht begleiten. Das Schulkonzept steht so im Einklang mit dem neuen Lehrerbildungsgesetz, demzufolge Lehramtsstudierende nicht erst im Referendariat sondern schon während des Studiums Praxiserfahrung sammeln sollen.

Nur eines scheint dem Projekt noch zu fehlen, um in der Praxis durchstarten zu können: ein Standort. Ganz oben auf der Liste steht derzeit das umkämpfte Ehrenfelder Heliosgelände. Der Besitzer des Grundstücks will dort ein Shoppingcenter bauen, wogegen AnwohnerInnen und Ehrenfeld-Fans heftig protestieren. Die Stadt hat sich darum auf einen Dialog eingelassen. In Arbeitsgruppen erarbeiten derzeit engagierte BürgerInnen einen Nutzungsvorschlag, den sie im Mai der Öffentlichkeit vorlegen wollen. Danach entscheidet der Stadtrat über die Zukunft des Heliosgeländes. Schuldezernentin Klein hat sich für eine Integration der IUS in das Bebauungskonzept ausgesprochen. Wenn der Plan aufgeht, könnte in etwa drei Jahren die Schulglocke zum ersten Mal läuten. Die Inklusive Universitätsschule will ein Leuchtturmprojekt sein - für Nordrheinwestfalen, aber auch darüber hinaus. Der Standort auf dem Heliosgelände mit seinem Wahrzeichen, dem Heliosturm, wäre gut geeignet, diesem Selbstverständnis symbolischen Nachdruck zu verleihen.