Jenseits der Habibi-Schnulzen

In Rock the Kasbah werden alternative Musik-Szenen des Mittleren Ostens und Nordafrikas vorgestellt Von Hanna-Lisa Hauge

Kreischende Gitarren, wummernde Bässe und headbangende Jugendliche sind nicht unbedingt das erste, was man mit ägyptischer oder marokkanischer Musik assoziiert. Dennoch gibt es in beiden Ländern eine Metal-Fangemeinde mit großem Zulauf. Der Journalist Arian Fariborz, der unter anderem für die Deutsche Welle arbeitet, stellt in mehreren Reportagen Musikszenen in Ägypten, Algerien, Israel, Palästina, Marokko, Libanon und Iran vor.

Häufig stoßen MusikerInnen und Fans von alternativen Musikstilen in diesen Ländern auf große Hürden, wenn sie Konzerte veranstalten oder Alben aufnehmen wollen. Im Iran müssen SängerInnen beispielsweise einem Ministeriumsmitarbeiter beweisen, dass sie singen können. Konzerte müssen oft heimlich stattfinden. In Ägypten wurden in den Neunzigerjahren sogar Jugendliche verhaftet und in Gefängnissen misshandelt. Eine skrupellose Medienkampagne hatte den Metal-Fans satanistische Praktiken unterstellt. Die Stimmungsmache gegen die RockerInnen hat sich jedoch inzwischen beruhigt und langsam erholt sich die Szene.

Die beschriebenen Musikstile reichen von experimenteller Musik im Libanon über den Hip Hop Algeriens, Israels und Palästinas bis hin zur Sufi-Musik des marokkanischen Dorfes Joujouka.

Angenehm ist, dass Fariborz nicht pauschalisiert, wenn die Sprache auf die Länder des Mittleren Ostens und Nordafrikas kommt. Stattdessen stellt er ausgewählte Länder und Musikstile vor und lässt viele MusikerInnen selbst sprechen. Daher handelt es sich mitunter um ganz spezielle Bands oder Genres. Weil die Länder und die Beispiele so verschieden sind, stellt sich die Frage, weshalb sie dennoch in diesem Buch zusammengefasst wurden. Fariborz gibt im letzten Kapitel eine Antwort darauf. Gemeinsam sei vielen seiner Beispiele, dass die Musik oft nicht einzig der Unterhaltung diene, sondern auch als gesellschaftlicher Protest verstanden werde. Außerdem beabsichtigte der Autor, auf die Musik jenseits des weit verbreiteten und kommerzialisierten arabischen Pop aufmerksam zu machen. Das ist ihm auf sehr anschauliche und unterhaltsame Weise gelungen.