Wenn Tyson über Hemingway sinniert

Bad Boy Kummer scheitert am Regisseur Von

Tom Kummer hatte sie alle. Brad Pitt, Sharon Stone oder Mike Tyson offenbarten ihm ihr Seelenleben, plauderten sogar intime Details aus. Stone berichtete über lesbische Fantasien, Tyson sinnierte über Hemingway und Einstein, Pitt erzählte, wie er seine innere Leere beim Bergsteigen überwand.

Der Haken: Kummer hatte alles nur erfunden. Vor zehn Jahren war er einer der gefragtesten Hollywood-Reporter. Mit seinen spektakulären Interviews bestückte er zum Beispiel das Magazin der Süddeutschen Zeitung und der Neuen Zürcher Zeitung. Kummer lieferte jedoch immer abstrusere Geschichten ab. Gemerkt haben will das in den damaligen Chefredaktionen niemand. Die Sache flog auf, als eine Leserin in einem Interview reihenweise Zitate von Andy Warhol erkannte.

Die Dokumentation Bad Boy Kummer will den Menschen Tom Kummer und die Motive für sein damaliges Verhalten zeigen, scheitert aber. Jede tiefschürfende Frage wird von Kummer abgeblockt oder - was befremdlich ist - an den Regisseur Miklós Gimes selbst weitergeleitet. Dieser geht darauf ein und antwortet selbst oder macht einen Schnitt. Gimes verpasst es auch einige Male, sich aufdrängende Fragen zu stellen, scheint am Stockholm-Syndrom erkrankt zu sein. Mehr Auskünfte liefern ehemalige WeggefährtInnen. Einige wollten sich jedoch vor der Kamera nicht äußern, zum Beispiel die beiden ehemaligen Chefredakteure des SZ-Magazins Ulf Poschardt und Christian Kämmerling, die wegen dieses Skandals gefeuert wurden. Trotz einiger Schwächen ist Bad Boy Kummer aufgrund der aktuellen Diskussion um Plagiate und Fälschungen sehenswert.