Keine Jungfrau mehr

In Ayla trifft eine starke Darstellerin auf einen schwachen Plot, der das Thema Ehrenmord nur oberflächlich darstellt. Von Johanna Böttges

Ayla ist eine selbstbewusste junge Frau, die sich radikal von ihrer konservativen türkischen Familie und deren Zwängen losgesagt hat. Mit 25 Jahren lebt sie in einer eigenen Wohnung und verdient ihren Lebensunterhalt teils als Erzieherin, teils als sexy Garderobiere. Zwischen Ayla und ihrem kranken Vater herrscht Funkstille. Er kann den Bruch mit ihr kaum verkraften, will ihren Lebensstil aber auch nicht akzeptieren.

Der Plot will es, dass Ayla sich verliebt. Ayhan ist Fotograf und sieht gut aus - was jedoch noch nicht erklärt, warum Ayla ausgerechnet zu ihm Vertrauen fasst. Bevor sie Sex haben, fragt der türkischstämmige Mann, ob sie noch Jungfrau sei, und beweist damit, wie sehr er in den Denkweisen seiner Herkunftskultur verhaftet ist. Trotz der beeindruckenden Schauspielleistung von Ayla-Darstellerin Pegah Ferydoni (»Türkisch für Anfänger«) verliert die Handlung nun zunehmend an Überzeugungskraft. Kaum hat Ayla sich verliebt, lernt sie Hatice kennen. Hatice muss sich vor ihren Verwandten verstecken, weil sie ihren türkischen Ehemann verlassen hat. Sie findet Zuflucht bei Ayla. Die muss bald feststellen, dass sie sich ausgerechnet in Hatices Bruder verliebt hat - der dazu auserkoren ist, seine rebellische Schwester zu töten, um die Familienehre wiederherzustellen.

Leider gelingt es Regisseur Su Turhan nicht, das komplexe Geflecht aus patriarchaler Tradition, Ehrbegriff sowie emotionalen und materiellen Abhängigkeiten hinter der Ehrenmord-Thematik sichtbar zu machen. Da hilft es nur wenig, dass sich Ayhans Bruder Mehmet darüber beschwert, dass in seinem Frisörsalon wegen der Familienschande die KundInnen ausbleiben. Es bleibt unglaubwürdig, wenn nach anfänglicher Abwehr auch Ayhan den Schwestermord als einzigen Ausweg sieht, und noch unglaubwürdiger, wie Regisseur Turhan den Konflikt schließlich löst.