Knutschenfür mehr Toleranz

Die Uni Köln hat die homofeindliche Professorin Edith Düsing zu einem Vortrag eingeladen. Studierende störten diesen mit kreativem Protest. Düsing gab sich uneinsichtig Von Anna Hölscher

Bei einem Vortrag der als »Homo-Heilerin« bekannt gewordenen Philosophieprofessorin Edith Düsing an der Uni Köln kam es zu kreativen Protesten. Dazu aufgerufen hatte das Autonome Lesben- und Schwulenreferat (LUSK), da sich Düsing im Vorfeld nicht von diskriminierenden Äußerungen gegenüber Homosexuellen distanzieren wollte. Mehrere Hundert Studierende zeigten so im Dezember küssend und Regenbogenfahnen schwenkend ihren Unmut über Düsings Einladung an die Uni.

Düsing hatte im vergangenen Jahr unter anderem mit der Aussage auf sich aufmerksam gemacht, dass es fraglich sei, »ob Homosexualität die ideale Selbstverwirklichungsform« ist. Sie hatte zudem die Erklärung einer christlich-fundamentalistischen Organisation unterzeichnet, die Homosexualität als therapierbare Krankheit darstellt. Obwohl sie offiziell an der Freien Theologischen Hochschule Gießen lehrt, unterschrieb sie als Angehörige der Universität Köln. Das Rektorat der Uni Köln lehnte es ab, sich von der Professorin zu distanzieren.

Anfang Dezember hielt Düsing dann im Rahmen einer Ringvorlesung des Philosophischen Seminars anlässlich des 250. Geburtstags von Friedrich Schiller einen Vortrag an der Uni Köln zum Thema »Tyrannei der Triebe oder der Ideale? Schillers Konzept des 'höheren Selbst' in Nietzsches Umdeutung«. Die Vortragsorganisatorin berief sich auf die Wissenschaftsfreiheit und sah trotz Drängens des LUSK keinen Grund, den Vortrag abzusagen. Das Referat setzte dennoch zunächst auf eine einvernehmliche Einigung. »Wir waren im Vorfeld der Veranstaltung gesprächsbereit, während Frau Düsing sämtliche Gesprächsangebote, die ausdrücklich von Rektorat und Dekanat gebilligt wurden, abgelehnt hat«, sagt Schwulenreferent Max Derichsweiler. LUSK, Düsing und das Rektorat hätten zwar viele E-Mails gewechselt. Ein Treffen zwischen ihnen kam jedoch nicht zustande.

Als Konsequenz rief das LUSK die Kölner Studierenden dazu auf, bei Düsings Vortrag zu zeigen, wie sie zu Düsings Äußerungen stehen. Etwa 200 Lesben, Schwule, Bi- und Heterosexuelle folgten dem Aufruf. Die sich sichtlich unwohl fühlende Professorin ging zunächst mit keinem Wort auf die DemonstrantInnen ein. Diese traten bereits nach etwa fünf Minuten in Aktion: Sie starteten einen homo- wie heterosexuellen Küss-Flashmob, der von lautem Klatschen, Jubeln und Regenbogenfahnen schwenken begleitet wurde.

Als Prodekan Walter Pape für Ruhe sorgen wollte, begannen die DemonstrantInnen mit ihm über die Causa Düsing zu diskutieren. Düsing wies schließlich auf ein vorbereitetes Schriftstück hin, in dem sie zu den Anschuldigungen gegen ihre Person Stellung nahm. Die DemonstrantInnen zogen sich daraufhin zur Lektüre des Schriftstücks zurück - auch deshalb, weil ein Philosophiestudent darum gebeten hatte, den Vortrag über Schiller hören zu können. In ihrer Verteidigungsschrift beruft sich Düsing auf das Recht der Meinungsfreiheit und verbittet sich, »die Wissenschaft der Philosophie für homosexuellen-politische Zwecke zu instrumentalisieren.«

Das LUSK zeigt sich mit dem Ausgang des Protests weitgehend zufrieden. Mehrere Mitglieder wollen mit einer Bewertung zwar warten, bis klar ist, ob die Uni künftig davon absehen wird, Düsing einzuladen. »Die große Resonanz von über 200 aktiv Protestierenden macht jedoch deutlich, dass Homophobie an der Uni Köln keinen Platz hat«, sagt Referent Derichsweiler. »Das ist ein deutliches Zeichen für die Zukunft.«