Der Wolf im Schafspelz

Von Hanna-Lisa Hauge

Die Aulas der Uni Köln sind nicht mehr besetzt, die ehemaligen BesetzerInnen haben ihr Lager ganz offiziell in einem Hörsaal aufgeschlagen. Rektor Axel Freimuth ruft keine PolizistInnenen mehr, sondern setzt sich mit den Studierenden an einen Tisch. Einen Monat nach dem Mitte November wieder aufgeflammten Bildungsstreik hat eine neue Phase begonnen. Statt mit Konfrontation versuchen die Beteiligten es mit Gesprächen.

Als die Bildungsstreikenden die Aula 2 im Dezember vergangenen Jahres erneut besetzten, hatte Freimuth genug. In zähen Verhandlungen einigte er sich mit den BesetzerInnen auf einen Kompromiss: Die Studierenden gaben die Aula frei, im Gegenzug dürfen sie seitdem den zentral gelegenen Hörsaal XIII im Hauptgebäude Tag und Nacht nutzen. Größere Versammlungen können sie in der Aula abhalten. Zudem soll es ab dem Sommersemester ein wöchentliches Zeitfenster geben, in dem keine Veranstaltungen stattfinden. Das soll Studierende dazu animieren, zu den Versammlungen zu gehen. Darüber hinaus findet nun regelmäßig ein Runder Tisch statt, bei dem Studierende direkt mit der Universitätsleitung diskutieren.

Freimuth bezeichnet diese Übereinkunft als ein »deutliches Zeichen« und als »Vertrauensvorschuss« gegenüber den Studierenden. Diese sehen das anders. »Von gegenseitigem Vertrauen kann nicht die Rede sein. Das ist taktisches Verhalten«, sagt Marina Küpper, die in zahlreichen Arbeitskreisen des Bildungsstreiks mitarbeitet. Nach dem ersten Runden Tisch waren die Studierenden nicht zufrieden. »Wir haben erst einmal die Positionen ausgetauscht. Dabei haben wir uns nicht aufeinander zu bewegt«, sagt Küpper. »Der Rektor stellt es zwar so dar, als sei er auf unserer Seite, aber eigentlich hat er an seinen Kernpunkten festgehalten.«

Dass das Verhältnis zwischen Bildungsstreikenden und Unileitung überwiegend von Misstrauen geprägt ist, hat einen guten Grund. So versprach Freimuth Ende vergangenen Jahres in einer Senatssitzung, alle Strafanzeigen fallen zu lassen, die er gegen die Aula-BesetzerInnen erstattet hatte. Trotzdem schneiten den Studierenden im Dezember Anzeigen ins Haus. Die Betroffenen sprachen daraufhin erneut mit Freimuth, doch der gab sich störrisch. »Er wollte die Anzeigen gegen alle bestehen lassen, von denen bekannt ist, dass sie aktiv sind«, sagt Hüsse Dogru, der sich im Bildungsstreik engagiert. Einige Studierende nutzten einen Besuch von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) an der Uni, um ihm einen offenen Brief zu übergeben, im dem sie die Situation schilderten. »Kurz danach kam der Rektor zu uns und sagte, dass er ausnahmslos alle Anzeigen zurückzieht«, berichtet Dogru.

Die Bildungsstreikenden würden sich lieber mit Anderem beschäftigen. »Wir haben keine Lust auf einen Kleinkrieg mit dem Rektor«, sagt Marina Küpper. »Wir konzentrieren uns auf die Arbeit in den Arbeitsgruppen und auf die Landtagswahlen im Mai. Wir wollen, dass Bildung das große Thema wird.« In Hessen hatten SPD, Grüne und Linke im Sommer 2008 die allgemeinen Studiengebühren abgeschafft, was viele Studierende als Erfolg ihrer Proteste verbuchten. Am 30. Januar findet in Frankfurt eine bundesweite Bildungsstreik-Demonstration statt. Wer die dafür organisierten Busse zur Anfahrt nutzen möchte, kann sich unter busffm@hotmail.de anmelden.