Faust als Comic-Strip

Von Julia Groth

Für leidenschaftliche LiteraturwissenschaftlerInnen hat der Verlag Egmont Ehapa zurzeit einen Comic im Angebot, der sich ebenso gut als Weihnachtsgeschenk wie als Partyspiel eignet. In der Neuauflage des Bandes 100 Meisterwerke der Weltliteratur stellen 100 ZeichnerInnen auf jeweils einer Seite die Handlung eines Literaturklassikers in Comicform dar. Genauer gesagt als Bildergeschichte, denn Sprechblasentext gibt es nicht. Weil man meist nicht versteht, was die Zeichnungen sagen sollen, selbst wenn man das betreffende Buch kennt, eignet sich der Comic auch hervorragend als Ratespiel für Literatur-Nerds. Für Comicfans ist 100 Meisterwerke zumindest bestimmt nicht gedacht, auch wenn namhafte deutsche Zeichner wie Mawil, Fil und Leo Leowald daran beteiligt waren. Comic-Lesevergnügen ist wegen der Kürze der Beiträge, der sehr unterschiedlichen Zeichenstile und der mangelnden Pointen - welche witzige Pointe kann Die Blechtrommel schon haben, ob als Comic oder »normales« Buch? - nahezu nicht vorhanden. Der einmalige Spaß, zu sehen, wie eine Story zeichnerisch umgesetzt wurde, ist schnell vorbei. Aber ganz im Ernst: Wer stolz darauf ist, als wichtig erachtete Bücher wie Faust, Oliver Twist und Sturmhöhe gut zu kennen, kann zusammen mit FreundInnen, denen es genauso geht, die Seitentitel abdecken und versuchen, zu erraten, welches Buch jeweils als Comic wiedergegeben wird. Dafür wäre auch der Preis dieses Hardcover-Buches in Höhe von 9,95 Euro nicht zu hoch. Ein bisschen rätselhaft ist die Auswahl der adaptierten Titel allerdings schon. Über Joanne K. Rowlings Harry Potter und Otfried Preußlers Krabat lässt sich noch streiten. Aber seit wann zählt Außerirdischen-Forscher Erich von Däniken zu den Großen der Weltliteratur?