Müll ist Ware plus Zeit

Flaschko 3: Die Müllsekte: Müllfetisch für Comic-BeginnerInnen Von Carolin Wedekind

Für EinsteigerInnen in das Comic-Epos Flaschko, der Mann in der Heizdecke stellt Nicolas Mahler auch dem finalen dritten Band wieder eine hilfreiche Grafik des Flaschko-Universums voran. Denn Flaschkos überschaubare Welt aus Heizdecke, Mutter und Fernseher hat einen neuen Akteur bekommen: den Müllsack. Der erwachsene Flaschko lebt bei seiner Mutter und verbringt die Zeit am liebsten in seine Heizdecke gewickelt vor dem Fernseher. In Strips mit jeweils drei Panels versucht die Mutter hin und wieder zaghaft, den Faulpelz aus dem Sessel zu bewegen oder bringt banale oder absurde Impulse von der Außenwelt - denen sich Flaschko konsequent verweigert. Aus diesen wenigen Zutaten entstanden mithilfe trockenen Humors und der erprobten Macht des Schweigepanels verblüffend viele verblüffend lustige Geschichten. Nicht nur bei der Handlung, auch zeichnerisch hat Mahler die Reduktion gekonnt bis ans Äußerste getrieben. Der Hintergrund der Bilder bleibt immer leer und die Requisiten lassen sich an einer Hand abzählen. Gesten setzt Mahler bei seinen steif wirkenden Figuren sehr sparsam ein, auf Mimik verzichtet er völlig, indem er ihnen einfach keine Gesichter gibt. Einzig die langen Nasen verraten, in welche Richtung Flaschko und seine Mutter gerade schauen. Im neuen Band begeistert sich Flaschkos Mutter im titelgebenden Handlungsstrang für eine Müllsekte mit der Losung »An ihrem Abfall sollst du sie erkennen«. Im Rest des Buches begeistert sie sich für Feng Shui, Frisuren oder einen Job bei der NASA. Flaschko begeistert sich wie gewohnt für gar nichts. Doch plötzlich beschließt er, Satanist zu werden - ein kurzes Aufflackern seiner rebellischen Persönlichkeit, wie einst der Sitzstreik? Erstaunlich, wie ein kompletter Band mit dem trockenen Kammerspiel so gut unterhalten kann. Einige etwas zu albern geratene Strips können bei den LeserInnen allerdings den Verdacht aufkommen lassen, dass das simple Flaschko-Konzept allmählich ausgereizt ist. Deplatziert wirken beispielsweise die beiden bemüht aktuellen Handlungsverläufe um Baby-Gangs oder den Versuch der Mutter, Flaschko auf Ebay zu versteigern. Alles in allem holt Mahler in Die Müllsekte aber wieder überraschend viel Witz aus der immer gleichen Rahmenhandlung. Dass das auch hätte schiefgehen können, weiß sogar Mutter Flaschko, denn: »Müll ist Ware plus Zeit«.