Titanic. Das endgültige Satirebuch

Gnadenlos witzig Von Julia Groth

Sie schaffen es einfach immer wieder, zu provozieren. Kurz nach dem Selbstmord des Torwarts Robert Enke stellten Redakteure der Satirezeitschrift Titanic ein Bild auf ihre Homepage, aufgemacht wie der Titel der Bild-Zeitung, auf dem ein Zugführer verkündet: »Ich habe Enke überlistet!« Nachdem offenbar mehrere SeitenbesucherInnen ihr Missfallen kundgetan hatten, folgte die Nachricht: »Die Redaktion TITANIC bedauert aufrichtig die unentschuldbare Entgleisung im jüngsten Startcartoon, möchte aber darauf hinweisen, daß eine Entgleisung das einzige gewesen wäre, was Robert Enke noch hätte helfen können.« Titanic zielt dahin, wo es weh tut, und zwar ohne Rücksicht auf das, was andere Menschen guten Geschmack oder Pietät nennen. Und das schon seit 30 Jahren. Zu Ehren dieses Jubiläums hat sich die Monatszeitschrift jetzt ein Buch geleistet, Das endgültige Satirebuch. Und dieses Buch ist nicht weniger als ein Pflichtkauf für alle, die von sich meinen, Humor zu besitzen. Für treue Titanic-LeserInnen sowieso. In dem gebundenen Trumm erfahren sie Spannendes über die Gründung der Zeitschrift, können in Zeichnungen der leider verstorbenen Humorgenies F. K. Waechter und Robert Gernhardt schwelgen, sich die dreistesten Aktionen von Ex-Chefredakteur und PARTEI-Gründer Martin Sonneborn in Erinnerung rufen oder einfach nur durch die gut 400 Seiten blättern und sich freuen, dass es in Deutschland wenigstens eine einzige wirklich witzige Zeitschrift gibt. Viele Artikel spielen auf das jeweils aktuelle Zeitgeschehen an, beispielsweise den Tod von Uwe Barschel oder politische Verirrungen wie Helmut Kohl. Eine der Stärken von Titanic ist, aktuelle Ereignisse bissig zu kommentieren. Ahnung von Politik muss man für die Lektüre dennoch nicht haben - eine weitere Stärke von Titanic ist schließlich, dass sie weder besserwisserisch noch angestrengt intellektuell ist. Neben den im engeren Sinne politischen Satiren gibt es auch genug anderes zu belachen. Zum Beispiel die teilweise grandiosen Titelbilder der vergangenen 30 Jahre (»Schrecklicher Verdacht: War Hitler Antisemit?«). Oder die empörten Antworten der Ostdeutschen, von denen Sonneborn 1999 als vermeintlicher GEZ-Mitarbeiter Rundfunkgebühren für jahrelanges Schwarzsehen von Westfernsehen verlangte. Das Einzige, was man vermissen könnte, sind Auszüge aus der großartigen Rubrik »Briefe an die Leser«. Dieses kleine Manko gleicht allerdings der Preis aus: Mit 25 Euro ist das Buch, vor allem im Verhältnis zur Lesedauer, wirklich günstig.