Von Marokko bis Afghanistan:

Momentaufnahmen einer Region im Umbruch Von

Islamistischer Terror, Bürgerkrieg und Besatzung oder ein Arabien aus Tausendundeiner Nacht und der sagenhafte Reichtum der Ölscheichs, das sind Bilder, die man mit der Region verbindet, die mangels einer besseren Alternative als Naher und Mittlerer Osten bezeichnet wird. Eines haben die meisten dieser Assoziationen gemein: Sie sind oberflächlich und oft nur von einer westlichen Sichtweise geprägt. Aber »der Nahe und Mittlere Osten ist zu wichtig, um ihn zu ignorieren oder auf Dauer misszuverstehen«, so schreibt der Politikwissenschaftler Jochen Hippler in dem von ihm herausgegeben Sammelband Von Marokko bis Afghanistan: Krieg und Frieden im Nahen und Mittleren Osten. Hippler, der an der Universität Duisburg-Essen lehrt, macht keinen Hehl daraus, dass es sich bei diesem Buch nicht um eine umfassende Betrachtung der aktuellen politischen Lage der Region handelt. Vielmehr sei der Band eine Einführung, in der sich die AutorInnen an den Fragestellungen orientieren: Wer sind die wesentlichen Akteure, was sind ihre Interessen und wie versuchen sie, diese durchzusetzen? In einem kurzen Einleitungsteil versucht Hippler, die momentane Situation in den ausgewählten Gebieten grob zu skizzieren, bevor sich die einzelnen VerfasserInnen im zweiten Teil spezifischen Länderanalysen widmen. Behandelt werden unter anderem Marokko unter König Mohammed VI., der so genannte Staatszerfall ohne Staatlichkeit in Palästina oder der Irak seit dem Sturz Saddam Husseins. Auch Syrien, Libanon, Iran und Afghanistan finden in eigenen Kapiteln Beachtung. Der von Hippler in seiner Einleitung eingestandene »Mut zur Lücke« ist aber insofern bedauerlich, als dass gerade Länder wie Saudi-Arabien, Ägypten, Algerien oder auch Israel - dessen Fehlen er mit einer Fokussierung auf islamisch geprägte Staaten entschuldigt - in besagte Lücke fallen. Im dritten Teil des Buches schließlich werden grenzübergreifende Zusammenhänge besprochen. Die Diskriminierung von Frauen in islamisch geprägten Gesellschaften, die Rolle der USA, der so genannte Demokratisierungsprozess oder auch mögliche Konfliktpotenziale durch künftige Wasserknappheit sind unter anderem Schwerpunkte dieses Teils. Die einzelnen Texte sind informative differenzierte Analysen, die größtenteils ansprechend geschrieben sind. Von Marokko bis Afghanistan ist eine interessante Einführung in die beschriebenen Problemfelder. Allerdings bietet es sich für weitergehende Informationen an, mal in der Bibliographie zu stöbern oder im Internet nach weiteren Arbeiten der verschiedenen AutorInnen zu suchen.