Streit ums Doktorprivileg

Die Max-Planck-Gesellschaft wollte das Recht, den Doktorgrad zu verleihen. Das dürfen zwar nach wie vor nur Unis, aber Max-Planck-ForscherInnen erhalten mehr Einfluss im Promotionsverfahren. Von Johanna Böttges

Ein Vorhaben der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) und der Universität Mainz hat in den vergangenen Monaten in der akademischen Landschaft für Wirbel gesorgt. Das Max Planck Graduate Center sollte als außeruniversitäre GmbH den Doktorgrad verleihen können. Ein Privileg, das bisher allein bei den Universitäten liegt. Auch wenn es nun einen Kompromiss gibt: Mitglieder der wissenschaftlichen Gemeinschaft befürchten, dass die Universitäten künftig durch den Einfluss der MPG geschwächt werden könnten.

Der bundesweite Protest gegen die neue Graduiertenschule fiel heftig aus. Die Möglichkeit zur Promotion sei ein notwendiger Anreiz zur Zusammenarbeit mit den Universitäten, mahnten die Fakultätentage der Ingenieurwissenschaften und der Informatik (4ING) und prophezeiten den »Niedergang der Einheit von Forschung und Lehre«. Die Deutsche Physikalische Gesellschaft und die Konferenz der Fachbereiche Physik warnten vor »fatalen Konsequenzen«. Auch die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft bekräftigten das exklusive Promotionsrecht der Unis.

Die Proteste zeigten Wirkung. Im März wurde das Projekt zwar von allen Beteiligten abgesegnet, allerdings mit geändertem Konzept. So bleibt das Promotionsrecht offiziell bei der Universität, Max-Planck-WissenschaftlerInnen werden jedoch gleichberechtigt am Promotionsverfahren beteiligt und in den fortan paritätisch besetzten Promotionsausschuss aufgenommen. Wer demnächst am Max Planck Graduate Center promoviert, erhält eine Urkunde, auf der neben dem Stempel der Universität auch das Logo der MPG prangt.

Auf den ersten Blick kein großer Fortschritt für die Gesellschaft, deren MitarbeiterInnen längst an Universitäten prüfen und bewerten. Aber mit dem Einzug in den Promotionsausschuss haben sie jetzt auch Mitsprache- und Entscheidungsrecht. »Bisher hatten wir keinen direkten Einfluss auf die Formulierung der Promotionsordnung«, erklärt Hans Spiess vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz, einem der beiden Institute, die in der neuen GmbH zu einer unabhängigen Einheit verschmelzen sollen. Jetzt dürfen er und seine KollegInnen sich zu Wort melden, wenn beispielsweise ein Uni-Institut fächerübergreifende Doktorarbeiten ablehnt.

Die MPG hat sich mit der HRK darauf geeinigt, dass nicht nur die neue Graduiertenschule in Mainz Mitspracherecht bei Promotionen haben soll. Auch die bereits existierenden 49 International Max Planck Research Schools sollen in Promotions-Fragen mitbestimmen dürfen. Allerdings nur, wenn die Universitäten der Zusammenarbeit zustimmen.

Für Manfred Nagl von 4ING ist dieser Kompromiss nicht zufriedenstellend. »Formal sind die Einwände berücksichtigt worden, inhaltlich aber nicht«, sagt er. Auch der Deutsche Hochschulverband gab zu bedenken, dass die MPG so ein »mediatisiertes oder faktisches Promotionsrecht« bekommen könnte. Im Extremfall könnte der Rektor der Universität lediglich seine Unterschrift unter die Promotionsurkunde setzen und die tatsächliche Prüfung den MPG-WissenschaftlerInnen überlassen.

Die Vorteile der neuen Regelung für die MPG liegen auf der Hand. Mit der Promotionsurkunde wird in Zukunft die Marke Max Planck in alle Welt hinausgetragen. Besonders für ausländische AbsolventInnen ist die Graduiertenschule attraktiv, denn sie erleichtert die Anerkennung fremder Hochschulabschlüsse. Bereits jetzt kommt die Hälfte der rund 4000 DoktorandInnen an Max-Planck-Instituten aus dem Ausland. Von der internationalen Anziehungskraft will auch die Universität profitieren und sich qualifizierte ForscherInnen ins Haus holen.