Studierende aus Glas

Chipkarten und Kameras an Hochschulen werden normal. StudierendenvertreterInnen warnen vor Überwachung Von Julia Groth

Studierende an der Fachhochschule (FH) Köln haben seit diesem Semester eine neue Plastikkarte im Portemonnaie. Die so genannte MultiCa, eine Chipkarte, ersetzt Studierendenausweis, Mensa-Karte, Bibliotheksausweis und Semesterticket. Weitere Funktionen sind geplant, bald sollen Studierende damit auch kopieren und sich vielleicht sogar Zugang zu Laboren, PC-Pools, Parkplätzen und Schließfächern verschaffen können. Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der FH zeigt sich von der Neuerung nicht begeistert, verzichtet aber darauf, zu protestieren. »Da im Gegensatz zu den Planungen vor zwei Jahren auf der MultiCa keine persönlichen Daten wie Prüfungsnoten gespeichert werden, hat der AStA die Einführung der MultiCa nicht blockiert«, sagt Vorstandsmitglied René Spreer.

An anderen Hochschulen sieht es düsterer aus für Daten und Privatsphäre der Studierenden. Videoüberwachung und Vorratsdatenspeicherung kommen immer häufiger zum Einsatz. Der studentische Dachverband Freier Zusammenschluss von StudentInnenschaften (FZS) warnt vor dieser Entwicklung. »Mit dem Fortschreiten der technischen Möglichkeiten nimmt auch die Überwachung zu«, konstatiert FZS-Vorstandsmitglied Regina Weber.

An Orten mit sehr teurer Ausstattung, wie Laboren, sind Videokameras schon länger keine Seltenheit. Eine Kamera im Hörsaal ist allerdings etwas anderes und eher dazu angetan, den einen oder die andere zu irritieren. Die Videoüberwachung soll in der Regel Vandalismus vorbeugen oder nach einer Sachbeschädigung dabei helfen, die TäterInnen schnell zu identifizieren. »Das ist einfach unverhältnismäßig«, kritisiert Weber das Vorgehen der Hochschulleitungen. Wegen möglicher Vandalen eine große Anzahl Studierender ständig auf Band aufzuzeichnen, sei völlig unangemessen.

Weil drei Studierende aus Münster ebenfalls dieser Meinung waren, wurden Videokameras an der dortigen Uni im vergangenen Jahr sogar vor Gericht diskutiert. Zwei Kameras sollten die Uni-Bibliothek vor Bücherdiebstahl schützen, konnten aber auch aufzeichnen, wer welches Buch liest. Datenschutzrechtlich bedenklich, fanden die Studierenden. Das Verwaltungsgericht Münster entschied zu ihren Gunsten. Die Hochschulleitung baute nach dem Urteil gleich elf von zwanzig Kamera-Anlagen mit zum Teil mehreren Kameras wieder ab.

Die Uni Paderborn hingegen lehnte zwei Jahre zuvor ab, die Recht- und Verhältnismäßigkeit ihrer installierten Kameras zu hinterfragen. Prompt gewann die Hochschule den satirischen Big Brother Award des Vereins zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (Foebud) für die Videoüberwachung von Bibliotheken und Computerräumen.

Chipkarten stellen für viele nun eine neue Qualität der Überwachung dar. Weber vom FZS kritisiert, dass je nach Hochschule zu viele und teils unnötige Daten auf dem Plastikkärtchen gespeichert seien. Zudem sei oft nicht ersichtlich, wer Zugriff auf das Gespeicherte habe und was geschehen könne, wenn es in die Hände von Unbefugten gelange.

Die FH Köln zeigt sich von solchen Bedenken unbeeindruckt. »Mehr Service und Arbeitserleichterung für die Studierenden und für die Mitarbeiter an unserer Hochschule sind unser Ziel«, sagt FH-Rektor Joachim Metzner, um die Vorteile der MultiCa hervorzuheben. Von diesen Vorteilen sollen bald auch die anderen Kölner Hochschulen überzeugt werden. Im kommenden Jahr gibt es die Karte bereits für die Studierenden der Kölner Musikhochschule. Sporthochschule und Universität sollen folgen.