»Es gibt keine Kölner Comic-Szene«

Der Kölner Illustrator Leo Leowald zeichnet seit drei Jahren den täglichen Webcomic Zwarwald. Seine Strips erzählen Episoden aus seinem Leben, wie beispielsweise von einem verkaterten Blick in den Spiegel Von Carolin Wedekind

Leo Leowald veröffentlicht auf zwarwald.de täglich einen autobiografischen Comicstrip. Mit der philtrat sprach er über seinen Webcomic, die deutsche Comic-Szene und linke Nischenmedien.

Was ist das Besondere an Zwarwald?

Ich habe mir selbst die Bedingung gestellt, dass Zwarwald etwas Tagebuchartiges haben soll. Die Geschichten haben fast immer einen Bezug zu dem Tag, an dem ich sie zeichne. Deshalb kann ich eigentlich auch nicht auf Vorrat zeichnen. Manchmal erzähle ich eine Vergangenheitsgeschichte in drei oder fünf Teilen. Aber sogar in diesen Geschichten steckt etwas vom jeweiligen Tag, wenn das für die Leser auch nicht in jedem Fall erkennbar sein muss.

So einen Blogstrip machen ja erstaunlich wenige Leute. In Deutschland gibt es nur eine Handvoll, die das regelmäßig macht. Ich habe mehrfach versucht, andere Zeichner zu überreden. Auch, um nicht so allein auf weiter Flur zu stehen.

Gibt es bei einer täglichen Serie nicht manchmal Tage an denen Sie sich sagen, nein, heute mal nicht?

Andere Leute trainieren regelmäßig für irgendwelche Sportarten oder machen jeden Tag Yoga. So was Ähnliches ist Zwarwald für mich auch. Es hat einen gewissen Reinigungseffekt.

Andererseits kann es auch nerven. An manchen Tagen wache ich auf und denke: Was mache ich denn heute? Das lässt mich dann bis zum Abend nicht los, bis ich dann immer noch nicht weiß was ich mache und mich dann noch mal zwei Stunden hinsetzen muss, um mir was auszudenken.

Erscheint deshalb jetzt auch am Wochenende kein Zwarwald mehr?

Ich muss mir die Wochenenden frei nehmen, um so langsam mal wieder mein Sozialleben aufbauen zu können. Ich hatte drei Jahre lang keinen wirklich freien Tag. Nach dem ersten Wochenende ohne Zwarwald habe ich gemerkt, wie ein enormer Druck von mir abgefallen ist. Ich bin ja auch mittlerweile Familienvater mit kleinem Kind und einer Frau, die das dann ausbaden muss. Wenn abends das Kind gewickelt und ins Bett gebracht werden muss und ich sage, dass ich noch eben Zwarwald machen muss, dann kommt mir das schon ein bisschen unhöflich vor.

Ist es politisch motiviert, dass Sie nur in linken Nischenmedien wie der Jungle World veröffentlichen?

Die großen Tageszeitungen haben mich bisher nicht wahrgenommen. Ich bin aber mit dieser linken Nische auch nicht ganz unzufrieden. Es waren zumindest Medien, die ich alle mochte und auch selber gelesen habe. Ich bin nicht gezielt in diese Nische reingestrebt, kann mich aber ganz gut damit identifizieren.

Verdienen Sie mit Zwarwald eigentlich etwas?

Nein. Das gesamte Zwarwald-Projekt bringt unterm Strich finanziell gar nichts. Darum ging es aber auch von vorneherein nicht und ich habe über die drei Jahre versucht, das nicht aus den Augen zu verlieren. Zwarwald war nie kommerziell geplant, sondern als Gegengewicht zu den Sachen, die ich kommerziell mache, nämlich Illustrationen. Dabei gibt es immer irgendwelche Einschränkungen von Kundenseite, und die hab ich bei den Comics nicht.

Ich würde schon gerne davon leben können, aber das ist in Deutschland ziemlich ausgeschlossen. Ich mache nicht wirklich Mainstream-Humor und Deutschland ist kein Comic-Land. Die beiden Fakten reichen schon, damit man sich eigentlich alle Illusionen abschminken kann.

Comics, mal abgesehen von Moers und Manga, werden sowieso nicht mit der Latte gemessen, mit der normale Bücher, die auf den Markt kommen, gemessen werden. Da ist man schon froh, wenn tausend Stück verkauft sind.

Es gibt bald ein neues Buch…

Nächstes Jahr gibt es ein neues. Das wird, vielleicht zur Enttäuschung vieler Zwarwald-Leser, ein Vater-Sohn-Buch werden. Die Frage war, ob der zweite Band wie der erste wird, also irgendeine Auswahl. Diese tägliche Zufälligkeit auf eine Buch-Beliebigkeit übertragen. Vom Verlag kam der Wunsch, ein Thema zu wählen. Ich hab mir dann mehrere Themen überlegt und das einzige, was mir so wichtig war, dass ich dachte, da könnte ich ein Buch draus machen, war dann eben Vater werden.

Wenn man sich Hamburg oder Berlin ansieht, kann man schon etwas neidisch werden. Gibt es eine Kölner Comic-Szene?

Es gab hin und wieder Versuche, irgendwas zu machen. Kölner Comictage oder zum Beispiel Cosmix, das war ein Umsonst-Magazin, das man hauptsächlich in Comic-Läden bekam. Wie die meisten Anthologien im Comic-Bereich war das qualitativ aber eher durchwachsen. Es gibt einzelne Zeichner, zum Beispiel 18 Metzger. Aber eine Szene gibt es nicht und es gibt auch kein Forum. Aber immerhin gibt es überhaupt wieder eine deutsche Comicszene, das ist ja auch schon was.