Das Urzeitmonster aus dem Pazifik

Bildergeschichten XXIV: Wie ein verwesender Tierkadaver weltweit für Furore sorgte Von Julia Groth

Im Frühjahr des Jahres 1977 machte das japanische Fischerboot Zuiyo-Maru vor der Küste Neuseelands einen Fang, der weltweit Aufsehen erregte. Als die Besatzung die Netze einholte, kamen nicht die erwarteten Makrelen an die Oberfläche, sondern ein riesiger, halbverwester Kadaver, zirka zehn Meter lang und über eine Tonne schwer. Keins der Besatzungsmitglieder konnte ihn identifizieren. Der augenscheinlich lange Hals, der kleine Kopf und die Flossen erinnerten aber an einen Dinosaurier, den so genannten Plesiosaurier. Ein solcher soll einigen Theorien zufolge auch im Loch Ness leben. War der Zuiyo-Maru etwa der Beweis dafür ins Netz gegangen, dass es in manchen Gewässern noch lebende Dinosaurier gibt?

Weil der Kadaver entsetzlich stank, warfen die Fischer ihn nach dem Fotografieren und Messen wieder über Bord. Sie behielten aber Stücke von Flosse, Skelett und Haut, um sie in Japan analysieren zu lassen. Als japanische WissenschaftlerInnen in dem Wesen tatsächlich einen Plesiosaurier zu erkennen glaubten, war die Sensation perfekt. Das künftig nach dem Fischerboot Zuiyo-Maru benannte Ungeheuer erfreute sich in Japan riesiger Beliebtheit. Die SchiffseignerInnen schickten sogar mehrere Schiffe in den Südpazifik, um den Kadaver wiederzufinden, allerdings vergeblich. Stattdessen warfen SpielzeugherstellerInnen Plesiosaurier-Modelle auf den Markt und noch im gleichen Jahr erschien sogar eine Plesiosaurier-Briefmarke.

Es gab jedoch auch ForscherInnen, die skeptischer waren. Schon wenige Tage nach dem Fund wurden erste Stimmen laut, die sagten, es handele sich möglicherweise um den Kadaver eines Riesenhais. Vor allem schwedische und französische WissenschaftlerInnen wiesen darauf hin, dass Unterkiefer und Kiemen beim Riesenhai nur sehr locker mit dem restlichen Körper verbunden sind und in der Regel als erstes verloren gehen, wenn das Tier verwest. Weil dadurch der Eindruck eines langen Halses und kleinen Kopfes entsteht, werden Kadaver vom Riesenhai manchmal auch Pseudoplesiosaurier genannt. Auch die Anzahl der Halswirbel sprach gegen die Plesiosaurier-Theorie und für einen verwesenden Hai, ebenso wie die Jahre später untersuchten Gewebeproben. Die Monsterfans in Japan und weltweit ließen sich durch die wissenschaftlichen Befunde aber nicht beirren. Noch heute tauchen gelegentlich Artikel auf, die den sensationellen Fang der Zuiyo-Maru als Dinosaurier-Kadaver interpretieren.