Studierende sind die besseren Schafe

Der Blick aufs Ausland kann die Hoffnungen auf positive Effekte durch Studiengebühren nicht bestätigen. In den USA verschuldet sich der Mittelstand, während in Australien immer weniger Einheimische studieren. Von Beate Schulz

»Die Studiengebühren sind sozial verträglich« und »Gebühren führen zu einem zügigeren Studienabschluss«: Altbekannte, oft zitierte Floskeln, mit denen PolitikerInnen um sich werfen, wenn es darum geht, die Einführung von Studiengebühren zu rechtfertigen. Gerne verweisen sie auf Erfolge anderer Länder, in denen bereits Gebühren erhoben werden. Da bietet es sich an, über den eigenen Tellerrand zu schauen und nachzuprüfen, welche Folgen die Gebührensysteme dort mit sich bringen.

Ausgerechnet der wissenschaftliche Dienst des deutschen Bundestags kam in einer Studie über »ausgewählte Gebührenmodelle anderer Länder« zu Ergebnissen, die den hiesigen GebührenbefürworterInnen kaum gefallen dürften. Für ihre GegnerInnen bestätigen sie die schlimmsten Befürchtungen. Neben den Niederlanden, Großbritannien und Neuseeland liegt das Augenmerk der Studie auf den hierzulande viel gepriesenen Modellen in den USA und Australien.

Es hat schon häufiger für Schlagzeilen gesorgt, dass in Australien die Höhe der Gebühren stark gestiegen ist, um Kreditausfälle bei nachgelagerten Studiengebühren abzudecken, während der Staat sich mehr und mehr aus der Finanzierung zurückzieht. Weniger bekannt ist allerdings, dass Bildung in Australien inzwischen ein Verkaufsschlager ist. Die Zahl der ausländischen Studierenden in Down Under hat sich zwischen 1997 und 2002 fast verdoppelt, auf über ein Viertel der Gesamtzahl. Dagegen ist der Anteil der einheimischen StudienanfängerInnen zurückgegangen. Im Jahr 2002 brachten die »Importstudis« über fünf Milliarden australische Dollar ein. Der Erlös ist größer als der des Wollexports. Anders ausgedrückt: ausländische Studierende bringen mehr als Schafe.

Auch in den USA boomt das Geschäft mit der Hochschulbildung. Während sich die mittelständischen Haushalte immer stärker verschulden, um die College-Gebühren zahlen zu können, lässt sich mit der Bewerbungsberatung gutes Geld verdienen. Und das gerade dank eines standardisierten Eignungstests, der eigentlich dafür sorgen sollte, dass »die Dominanz der Geldelite an den Universitäten« gebrochen und »mehr Unterprivilegierten aufgrund ihrer Leistung« der Zugang zu den Universitäten ermöglicht wird, so der Verfasser der Bundestags-Studie. Gemeint ist der so genannte School Aptitude Test, neben dem Bewerbungsessay das wichtigste Auswahlkriterium an amerikanischen Hochschulen. Um ihren Kindern zu einem möglichst guten Ergebnis zu verhelfen, geben Eltern jährlich rund 250 Millionen US-Dollar für Vorbereitungskurse aus. »Coachings« durch ehemalige Angestellte universitärer Zulassungsstellen kosten bis zu 25000 Dollar.

Auch in den Niederlanden, Neuseeland und Großbritannien, das seine Gebühren 2004 von 1100 auf 3000 Pfund pro Jahr erhöht hat, konnte die soziale Verträglichkeit von Studiengebühren nicht nachgewiesen werden. Ebenso ist von einem zügigeren Studienverlauf nichts zu merken - abgesehen von einem »gewissen Abschreckungseffekt auf Langzeitstudierende«. Die Studie konstatiert, dass man nicht den Eindruck habe, die untersuchten Staaten hätten »ein besonderes Interesse an der Gewinnung« amtlicher Statistiken zu diesem Thema. Ein Schelm, wer vermutet, dass man die verheerenden Ergebnisse einfach nicht noch deutlicher schwarz auf weiß sehen möchte.