Symbol des Widerstands

Bildergeschichten XXII: Warum das Foto eines sterbenden Schülers zum Sinnbild der Unterdrückung in Südafrika wurde. Von Beate Schulz

Der Todestag des Jungen auf dem Foto ist in seiner Heimat ein Nationalfeiertag, an dem die Jugend geehrt werden soll. Damit gedenkt Südafrika jedes Jahr am 16. Juni Hector Pietersons, der erst zwölf Jahre alt war, als ihn Polizisten der Apart-heidsregierung während der so genannten Soweto Riots 1976 erschossen. Die Aufnahme des Fotojournalisten Sam Nzima ist mittlerweile Sinnbild der Polizeibrutalität, mit der Südafrikas weiße Regierung die Demonstration der SchülerInnen niederschlug, die am 16. Juni 1976 im Johannesburger Vorort Soweto gegen das »Bantu Education System« protestierten.

Zwei Jahre zuvor hatte Bildungsminister Punt Jameson ein Gesetz verabschiedet, das verordnete, dass der Unterricht in allen höheren Schulen auf Afrikaans abgehalten werden sollte. In der, wie Bischof Desmond Tutu es nannte, »Sprache des Unterdrückers«. Den meisten schwarzen AfrikanerInnen war dadurch der Zugang zu höherer Bildung versagt. Selbst viele Highschool-LehrerInnen beherrschten die Sprache nicht. Die Unruhen nahmen zu, und am 30. April 1976 traten die SchülerInnen der Orlando West Junior School in den Streik. Ihrem Beispiel schlossen sich immer mehr SchülerInnen an, die sich weigerten, an den Examen teilzunehmen. Für den 16. Juni wurde zu einer Massendemonstration aufgerufen, an der 10000 Menschen teilnahmen.

Wo genau die Gewalt ihren Ausgang nahm, ist unklar. Die Polizei behauptete, Demonstrant-Innen hätten Steine geworfen, und feuerte daraufhin in die Menge. Mindestens vier Kinder starben auf der Stelle. Bekannt wurde jedoch Hector Pieterson. Der Schüler Mbuyisa Makubo hob ihn auf und rannte zusammen mit Hectors Schwester Antoinette zum Pressewagen des Fotografen Sam Nzima, der den Sterbenden ins Krankenhaus fuhr. Nzimas Foto ging bald darauf um die Welt. Einen Tag nach der Demonstration besetzten 1500 Johannesburger Polizisten Soweto. Laut Regierungsberichten kamen 23 Menschen ums Leben, inoffiziell wird die Zahl der Toten auf 200 bis 600 geschätzt. Tausende wurden verwundet. Murphy Morobe, einer der SchülerInnen, die die friedliche Demonstration organisiert hatten, ging ins Exil. Wenige Monate später kehrte er zurück und gründete Umkhonto we Sizwe, den bewaffneten Flügel der südafrikanischen Anti-Apartheids-Bewegung African National Congress. Die Unruhen vom 16. Juni gelten allgemein als Anfang vom Ende der Apartheidsregierung in Südafrika.