Wirtschaft züchtet eigenen Nachwuchs

Private Hochschulen orientieren sich vor allem an den Bedürfnissen von Unternehmen Von Julia Groth

»Die Fachhochschule der Deutschen Telekom« steht weiß auf magenta auf der Homepage der Fachhochschule (FH) Leipzig. Nachrichtentechnik und Telekommunikationsinformatik können Studierende hier belegen. »Die Studenten werden aber nicht nur für den Konzern, sondern für die ganze Branche ausgebildet«, sagt die Sprecherin der Hochschule Hilke Michaelis. Die FH Leipzig ist eine private Fachhochschule, deren Trägerin die Deutsche Telekom AG ist.

In Deutschland gibt es derzeit etwa fünfzig private Universitäten und Fachhochschulen. Viele von ihnen werden von großen Wirtschaftsunternehmen wie Siemens oder der Telekom finanziert und haben nur ein sehr spezielles Fächerangebot, weil sie Nachwuchs für eine bestimmte Branche ausbilden sollen. Die Studierenden müssen häufig Aufnahmetests absolvieren und für ihr Studium bis zu mehreren hundert Euro Studiengebühren im Monat bezahlen. Private Hochschulen müssen staatlich anerkannt werden, damit die Abschlüsse, die sie vergeben, allgemein gültig sind. Bei der Entscheidung, ob die Qualität der Lehre für die Anerkennung genügt, berät der Wissenschaftsrat seit fünf Jahren die Bundesländer. Das Gremium besteht aus vom Bundespräsidenten berufenen WissenschaftlerInnen, VertreterInnen der Länderregierungen und der Wirtschaft.

Im Jahr 2004 gründeten die RektorInnen und PräsidentInnen einiger privater Hochschulen den Verband der Privaten Hochschulen (VPH). Mittlerweile sind 33 Einrichtungen dem Verband beigetreten. Seine selbst gestellte Aufgabe ist es, die Qualität der deutschen Hochschulausbildung zu verbessern. Zu diesem Zweck tritt der VPH auch für allgemeine Studiengebühren ein.

Ein Musterbeispiel für die Leistungen von privaten Universitäten war lange Zeit die Universität Witten/Herdecke (UWH). Für ihre praxisorientierte MedizinerInnenausbildung bekam die UWH viel Lob aus Fachkreisen. Bis der Wissenschaftsrat im Sommer vergangenen Jahres große Schwächen im Studiengang Humanmedizin feststellte. Seitdem arbeitet die Hochschule daran, die Qualität von Forschung und Lehre zu verbessern, und wartet auf eine Entscheidung des Rates über ihre Zukunft. Die Medizinstudierenden der UWH zahlen für ein Studium in Regelstudienzeit 25000 Euro.