Pizza vom Bobweltmeister

Gang durch die Uni XXVI: Der Pizza-Pavillon auf dem Albertus-Magnus-Platz Von Johanna Böttges

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Sie ist schon fast ein Markenzeichen: Die knallrote Ape, ein kultiger italienischer Kleintransporter der Marke Piaggo auf drei Rädern, die jeden Morgen auf den Albertus-Magnus-Platz fährt. Vor dem Pavillon mit der Aufschrift »Espresso - Pizza« macht sie Halt. Der freundliche Mann, der aussteigt, ist Nevio De Zordo. Vor mehr als zehn Jahren hat er den Imbiss eröffnet. Dieser ist ein echtes Familienunternehmen: Neben De Zordos Frau und zwei weiteren Mitarbeitern arbeiten auch seine beiden Töchter mit.

Frisch zubereitete Pizza, bester Kaffee und im Sommer selbst gemachtes Eis - der 69-Jährige weiß, was seine vielen StammkundInnen an der Universität schätzen. Darum kauft er Tomaten, Milch und Rucola täglich frisch ein. Seit rund 50 Jahren ist der gebürtige Italiener in der Sülzer Gastronomie tätig. Als Vierzehnjähriger war De Zordo mit seinen Eltern aus dem Heimatort in den norditalienischen Dolomiten nach Köln-Sülz ausgewandert, wo es ihn sein Leben lang hielt. »Köln ist eine sehr schöne Stadt«, findet De Zordo.

Erst hatte seine Familie ein Eiscafé auf der Zülpicher Straße, später machten sie auch Pizza, dann verkaufte er Eis in einem kleinen Wagen vor dem Hauptgebäude. Derselbe Eiswagen steht auch heute noch auf dem Albertus-Magnus-Platz und kommt im Sommer zum Einsatz. Als schließlich die Uni einen Cafébetreiber suchte, bekam De Zordo den Zuschlag. Damals war das gastronomische Angebot auf dem Campus noch klein, erzählt er. Doch die seither entstandenen Cafés des Studentenwerks sieht er nicht als Konkurrenz. Frische Pizza gebe es eben nur hier, sagt De Zordo.

Ein Markenzeichen des Familienunternehmens ist auch Cico, der Spitz mit dem fuchsfarbenen Wuschelhaar. Sein Platz auf den Stufen neben dem Pavillon bildet gewissermaßen den Mittelpunkt des Uni-Campus, von dem aus er das alltägliche Treiben beobachtet. Der Hund hat sich gerade von einer schweren Bissverletzung erholt, wegen der er fünf Operationen überstehen musste. »Zwei Wochen lang war er gar nicht gut dran«, sagt De Zordo. Pünktlich zur Fußball-Europameisterschaft der Männer im Juni war Cico aber wieder fit - und zeigte sich patriotisch im schwarz-rot-goldenen Fan-Dress.

Der solide Lebenslauf eines Gastronomen lässt Nevio De Zordos steile Sportkarriere in jüngeren Jahren kaum vermuten. Seit dem 19. Lebensjahr war das Bobfahren seine Leidenschaft. Mit der Familie verbrachte er die Winter im Heimatort in den Dolomiten und trainierte dort. De Zordo hatte Ehrgeiz und Talent: Zweimal brachte er es mit seinem Team im Laufe der Sechziger- und frühen Siebzigerjahre zum Weltmeister, 1972 erhielt er bei den Olympischen Spielen die Silbermedaille im Vierer-Bob.

Wenn man ihn auf seine sportlichen Erfolge anspricht, zeigt sich De Zordo bescheiden. Auf der Preisliste des Cafés ist ein Foto von ihm zu sehen, flankiert von einer Italienflagge, darunter eine Liste seiner Auszeichnungen. Ein Mitarbeiter hat diese kleine Hommage gebastelt. Wer würde sonst ahnen, hier Pizza und Kaffee von einem ehemaligen Weltmeister serviert zu bekommen? Sogar einen eigenen Wikipedia-Artikel hat der ehemalige Sportprofi.

Für De Zordo war es eine aufregende Zeit, aber mit Mitte dreißig zog es ihn zu seiner Familie und seinem Geschäft zurück. Seine letzte Olympiade fuhr er 1976, danach habe er keine Zeit und keine Lust mehr auf das ständige Leben in Hotels gehabt, sagt der 69-Jährige. Die Familie war ihm wichtiger. »Und die Pizza ist wichtig«, sagt er mit einem Augenzwinkern.