In Berlin und Leipzig gehen die studentischen Streiks gegen die Sparpläne der Landesregierungen nach Weihnachten weiter. Dies haben Vollversammlungen an der Freien (FU), Technischen (TU) und Humboldt-Universität (HU) in Berlin sowie an der Leipziger Universität beschlossen. Auch an der Universität Hamburg ist für Mitte Januar die Besetzung der Philosophischen Fakultät angekündigt. Abgeebbt sind hingegen die Proteste in Bayern, Hessen und Niedersachsen. Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen haben sich bisher nur mit kleineren Aktionen an der seit Ende Oktober laufenden bundesweiten Protestwelle beteiligt.
Eine böse Überraschung erlebten die OrganisatorInnen der Leipziger Olympiabewerbung am 8. Januar. Etwa 6000 StudentInnen störten den planmäßigen Ablauf einer Pressekonferenz, bei der in Anwesenheit von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) die offizielle Bewerbung unterschrieben werden sollte. Die Veranstaltung musste aufgrund der studentischen Proteste an einen anderen Ort verlegt werden. Bereits einen Tag zuvor hatten in Berlin zirka einhundert StudentInnen die SPD-Parteizentrale besetzt, um gegen den von der Landesregierung vorgesehenen Sozialabbau und gegen die Kürzung der Hochschulfinanzierung in Höhe von 75 Millionen Euro zu demonstrieren.
Während an der HU ein Teilzeitstreik an vier Tagen pro Woche beschlossen wurden, bleibt der Ausstand an der TU unverändert. »Die Aktionen werden weiterlaufen«, kündigte Marius Pöthe, AStA-Vorsitzender der TU, gegenüber der Berliner Morgenpost die Weiterführung des seit Anfang November andauernden Ausstandes an. Konzentrieren wollen die Berliner StudentInnen ihre Aktionen zunächst auf den 15. Januar. An diesem Tag steht im Senat die erste Lesung des Doppelhaushaltes 2004/2005 auf der Tagesordnung. Vorgesehen ist ein Kundgebungsring um das Abgeordnetenhaus mit anschließender Demonstration auf dem Potsdamer Platz.
In Berlin haben auch in den Weihnachtsferien zahlreiche Aktionen stattgefunden. So wurde zum Beispiel die seit Ende November existierende Mahnwache vor dem Roten Rathaus über die Feiertage fortgesetzt. Trotz der langen Streikdauer ist sich Sebastian Hanke vom Streik-Info-Stand der TU sicher, dass die Streiks weitergehen werden. Bedenken, dass das Semester nicht anerkannt werden könnte, versucht Matthias Hofmann vom AStA der TU zu zerstreuen: »Es besteht keine rechtliche Grundlage, das Semester wegen der Streiks abzuerkennen.«
In Leipzig ist der Streik vorerst bis zum 16. Januar begrenzt. Die InitiatorInnen betonen, dass es sich um einen »konstruktiven Streik« handele. Die regulären Veranstaltungen sollen wie üblich stattfinden, jedoch soll in ihnen über Alternativen zur derzeitigen Sparpolitik des Bundes und der sächsischen Landesregierung diskutiert werden. Die meisten StudentInnen, ist sich der AStA-Vorsitzende Benjamin Schulz sicher, werden sich trotz stattfindender Seminare an den Streikaktionen beteiligen. Die Streikenden fordern unter anderem einen generellen Verzicht auf Studiengebühren, mehr Geld für StudentInnenwerke und eine bedarfsgerechte Finanzierung der Studienplätze.
In Bayern, Hessen und Niedersachsen wurden die vorweihnachtlichen Proteste nicht wieder aufgenommen. Am 18. November hatten in Wiesbaden zirka 45000 StudentInnen gegen Einsparungen im Hochschulbereich von insgesamt dreißig Millionen Euro demonstriert. Zwei Tage später waren in München 20000 StudentInnen auf die Straße gegangen. Auf der Kundgebung war die von der bayrischen Landesregierung geplante Kürzung des Bildungsetats um insgesamt zehn Prozent kritisiert worden.
Dass die bundesweite Protestwelle in Nordrhein-Westfalen bislang auf wenig Resonanz gestoßen ist, erklärt Klemens Himpele, der Geschäftsführer des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren, mit einer gewissen Müdigkeit der StudentInnen nach den Streiks im Sommersemester 2002. Einen Streik hält er daher für eher unwahrscheinlich. Er verweist jedoch auf die am 31. Januar stattfindende landesweite Demonstration in Düsseldorf und das für Januar angekündigte Verschicken der Gebührenbescheide. »Das Verschicken der Bescheide könnte die Haltung der StudentInnen in NRW durchaus verändern«, gibt er sich optimistisch.