Seit dem 3. Mai ist Bewegung in die Zukunft des Bauwagenplatzes gekommen. Ein Teil der BewohnerInnen hat am Freitag das ehemalige Verwaltungsgebäude der MS Treibgut, eine Firma mit Vergnügungsschiff, die inzwischen pleite ist, besetzt. Dazu gehört ein Gelände, das an den Mülheimer Hafen grenzt und auf dem nun die Bauwagen stehen.
Schon seit längerer Zeit war klar, dass der Wagenplatz nicht an der Krefelder Straße bleiben kann. Die Stadt Köln hat das Gelände verkauft, das alternative Leben muss dem Kommerz in Form eines Hotels weichen. Eine Alternative für die rund vierzig BewohnerInnen und deren Wagen im Stadtgebiet hatte die Verwaltung nicht anzubieten. In der offiziellen Planung sind Menschen, die nicht in Häusern, sondern in Wagen leben wollen, nicht vorgesehen.
Um den Tag der Räumung nicht tatenlos abzuwarten, hat nun eine Art Vorauskommando die Initiative ergriffen und sich selbst ein leerstehendes Gelände gesucht. Eigentümer ist das Land Nordrhein-Westfalen. Die VertreterInnen der zuständigen Bezirksregierung Köln haben unerwartet locker auf die Besetzung reagiert. Es gebe keine aktuelle Planung für das Gelände, langfristig sei wohl mit einem Verkauf zu rechnen, man könne aber vielleicht über eine Nutzungspacht reden. Konkretes stand zum Redaktionsschluss noch nicht fest.
Könnte der Wagenplatz am Mülheimer Hafen bleiben, so wäre das ein weiterer Standort in einer Geschichte von Vertreibung, Zerstörung und kurzfristigen Duldungen. Begonnen hatte alles 1990, als der erste Bauwagenplatz auf einem Gelände in Raderthal entstand. Bei der gewaltsamen Räumung 1994 zerstörte der Geländeeigentümer mit Unterstützung der Polizei einen großen Teil der Bauwagen mit Baggern und anderen Maschinen. Es folgte eine Odyssee aus 13 Besetzungen, Räumungen und Straßenblockaden, bis die schier unbeugsamen WagenbewohnerInnen von der Stadt Köln das Gelände einer ehemaligen Tankstelle an der Ecke Krefelder Straße/Innere Kanalstraße zur Verfügung gestellt bekamen. Das müssen sie jetzt wieder verlassen.
Durch die jetzige Besetzung erhoffen sich die BauwäglerInnen, Druck auf die Stadt Köln auszuüben. Sie fordern eine konkrete Ansprechperson in der Stadtverwaltung, mit der über eine langfristige Lösung verhandelt werden kann. Dabei geht es ihnen generell um die Akzeptanz alternativer Lebensformen auch innerhalb des Stadtgebietes. Konkret fordern sie, den Platz an der Krefelder Straße nicht zu räumen, bevor nicht ein alternativer Standort gesichert ist. An Selbstbewusstsein fehlt es ihnen dabei nicht. So lautet ein Satz in einem Flugblatt: »Eher löst sich der Kölner Dom in Luft auf als der Bauwagenplatz!«
Doch die BauwäglerInnen sind nicht alleine mit ihrer Besetzung. Nur sechs Tage später besetzte an Christi Himmelfahrt eine Gruppe Frauen ein altes Schulgelände aus dem Jahr 1943 im Stadtwald. Das Kollektiv namens Lilitza besteht zum großen Teil aus ehemaligen Pädagogikstudentinnen, die an der Kitschburger Straße/Friedrich-Schmidt-Straße ein Zentrum zum gemeinsamen Leben und Arbeiten, für bezahlbaren Wohnraum und für unkommerzielle Kultur errichten wollen. In erster Linie soll damit die Selbstorganisation von Frauen ermöglicht und gefördert werden.
Doch so vielversprechend wie bei der Mülheimer Besetzung sind die Aussichten auf einen längeren Verbleib auf dem Gelände in Braunsfeld nicht. Schon am Freitag überreichte ein Vertreter der Gebäudewirtschaft der Stadt Köln ein Schreiben, das zum sofortigen Verlassen des Geländes auffordert. Damit hat die Stadtverwaltung erste juristische Schritte zu einer Strafanzeige und eventuellen polizeilichen Räumung eingeleitet. Doch die Besetzerinnen sind entschlossen, nicht so schnell aufzugeben. Es wird versucht, Kontakte zu Parteien und Personen des öffentlichen Lebens herzustellen, um Unterstützung für ihr Projekt zu gewinnen. So soll die politische Führung der Stadt Köln zu einer Auseinandersetzung gezwungen werden.
Das Kollektiv Lilitza und die BauwäglerInnen in Mülheim freuen sich jederzeit über Besuch und Unterstützung. Nähere Informationen vor Ort oder unter http://bwp.colognearts.de.