Ein Heim für Zugvögel

In Gästehäusern wie dem in Dresden können Studierenden und PraktikantInnen für wenig Geld kurze Zeit wohnen Von Max Lebsanft

Alle paar Monate muss Matthias Schakat seinen Wohnort wechseln. Dazu zwingt ihn sein Studium des Steuer- und Prüfungswesens. Auf drei Monate Theorieunterricht an der Berufsakademie Dresden folgt eine zweimonatige Praxisphase in Erfurt. An beiden Orten benötigt Schakat eine Unterkunft. In keiner der beiden Städte lohnt es sich jedoch für ihn, dauerhaft ein Zimmer zu mieten. Der 19-jährige Student könnte sich von einer Zwischenmiete zur nächsten hangeln - aber alle drei Monate auf Wohnungssuche zu gehen, ist mühselig. Zuletzt hatte Schakat jedoch Glück: Mit dem Internationalen Gästehaus besitzt Dresden eine Einrichtung, die auf Studierende wie ihn zugeschnitten ist. »Zuerst habe ich mir überlegt, ein WG-Zimmer zu nehmen und es immer wieder unter zu vermieten«, sagt der zukünftige Steuerberater. Doch dann ist er auf das Angebot des Gästehauses gestoßen - und kurze Zeit später eingezogen.

Das Internationale Gästehaus ist eine Einrichtung des Dresdner Studentenwerks. Es bietet all jenen eine Unterkunft, die nur vorübergehend in Dresden bleiben, wie beispielsweise PraktikantInnen. »In erster Linie vermieten wir an Studenten«, sagt der Leiter des Hauses, Hans-Joachim Lange. »Aber wenn die Auslastung es zulässt, bekommen auch Nichtstudenten ein Zimmer.« Eine Einrichtung wie diese gebe es in Deutschland kein zweites Mal, erzählt Lange nicht ohne Stolz. Er und seine MitarbeiterInnen haben das 17-stöckige Studierendenhotel vor vier Jahren aus der Taufe gehoben. Vorausgegangen war ein mehrjähriger Sanierungsprozess. »Über den Daumen gepeilt haben wir zwischen sechs und acht Millionen Euro investiert«, erzählt der Wohnheimverwalter, der schon zu DDR-Zeiten für das Studentenwerk arbeitete. Der marode Plattenbau wurde renoviert, die Gäste konnten nach und nach immer mehr Etagen nutzen.

Vor zwei Jahren hat sich Lange ein ähnliches Hotel in Stuttgart angesehen. Dessen Angebot sei vergleichbar, erinnert er sich. Es gebe jedoch zwei Unterschiede: Das Stuttgarter Hotel sei kleiner und weitaus teurer. Die niedrigen Preise, ist er überzeugt, sind ein Grund für den Erfolg seines Hauses. Ablesen lässt sich dieser an den Gästezahlen. »Anfangs hatte ich Bedenken, dass wir zu groß kalkuliert haben«, sagt Lange. Die Befürchtungen haben sich nicht erfüllt. Im Sommer sind die 310 Zimmer meist ausgebucht, nur um Weihnachten und Neujahr stehen mehrere von ihnen leer. 245 Euro müssen Studierende für ein Zimmer in einer Zweier-WG zahlen. DozentInnen oder Eltern zahlen mehr, weil sie im Gegensatz zu Studierenden Steuern auf den Mietpreis zahlen müssen. Eine voll möblierte Küche, Bettwäsche und Internetanschluss sind inklusive. Wer will, bekommt für 4,50 Euro noch Frühstück dazu.

Auch Tilo Purucker hat gute Erfahrungen mit dem Gästehaus gemacht. Der angehende Wirtschaftsinformatiker zog für einen Monat dort ein. Er hatte seine Wohnung zum Oktober 2009 gekündigt, trat aber erst im Dezember in Hamburg seinen neuen Job an. »Die Zimmer sind geräumig und man trifft nette Leute aus allen Ecken Deutschlands und der Welt«, erzählt der gebürtige Dresdner. Dann schwärmt er von dem Blick, den man vom Balkon der 17. Etage über Dresden habe.

Hans-Joachim Lange will das Angebot noch ausbauen: Er hat sich vorgenommen, mit den BetreiberInnen umliegender Geschäfte Rabatte für seine Gäste auszuhandeln. Im Gegenzug will er mit Handzetteln auf den Zimmern für die Läden werben.