Partys für linke Kultur

Die Kölner Kampagne Pyranha fordert mit kreativen Aktionen ein autonomes Zentrum. Erfolg hat sie bisher kaum. Von Nambowa Mugalu, Max Lebsanft

Pinke Kostüme, rote Fahnen, ein orangefarbenes Banner mit der Botschaft »We still loving squats« (Wir mögen besetzte Häuser) - mehr als 500 Menschen demonstrierten Mitte Oktober in Köln für ein autonomes Zentrum. Mehr als 500 DemonstrantInnen zogen vom Kölner Rathausplatz in den Stadtteil Kalk. Ganz ungestört verlief die Demonstration jedoch nicht: Am Deutzer Bahnhof kam es zu einem Zusammenstoß mit der Polizei. »Wir saßen auf dem Boden, und plötzlich wurden wir getreten und geschlagen«, berichtet eine Teilnehmerin im Internetblog der Kampagne Pyranha. »Besonders das mit dem Pfefferspray war unglaublich! Hier waren auch Leute mit Babys!«

Anfang des Jahres schloss die Kölner Baubehörde das autonome Zentrum Schnapsfabrik wegen baulicher Mängel (siehe philtrat nr. 88). Seitdem fordern die ehemaligen BetreiberInnen gemeinsam mit vielen SympathisantInnen ein neues Zentrum. Unter dem Kampagnen-Namen Pyranha veranstalten sie immer wieder Demonstrationen und andere Aktionen, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen.

Eine der ersten Aktionen war ein »Finanztanz« im vergangenen Februar. Rund 100 Menschen tanzen dabei, begleitet von zwei mit Soundsystemen bestückten Wagen, vom Kölner Hauptbahnhof durch die Innenstadt. Viel Aufmerksamkeit bekamen die AktivistInnen, als sie Anfang August ein Wochenende lang eine ehemalige Tankstelle an der Moselstraße in der Nähe des Südbahnhofs besetzten und sie zum autonomen Zentrum umfunktionierten. Mit Konzerten, politischen Workshops und »bio-veganer VolxKüche« feierten die Pyranhas dort eine ausgedehnte Party. Auch der Demonstration in Kalk Mitte Oktober folgte eine Party: Nämlich ein Strafenfest inklusive Flohmarkt, Filmvorführungen, mobiler Fahrradwerkstatt, Lesungen, Konzerten und Erwerbslosenberatung.

Die Schließung der Schnapsfabrik hat nach Ansicht der AktivistInnen ein Vakuum hinterlassen. In einem Aufruf beanstandeten sie, dass in Köln ein Raum für nichtkommerzielle Veranstaltungen fehle. Film- und Infoveranstaltungen sowie größere Vernetzungstreffen linker Gruppen hätten in Köln keine zentrale Anlaufstelle mehr.

Die Forderung nach einem neuen autonomen Zentrum trug eine Delegation der Pyranhas im Juli PolitikerInnen der Kölner Ratsfraktionen vor. Mit recht wenig Erfolg: CDU-Ratsmitglied Holger Häuser empfahl den AktivistInnen einen Businessplan. Der jetzige Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) signalisierte zwar Sympathie für die Pläne der Pyranhas, unternahm bislang aber nichts.

Die Schnapsfabrik war erst im April 2008 von einigen linken AktivistInnen gegründet worden. Ziel war es, einen selbstverwalteten, nichtkommerziellen Raum für Kunst und Politik zu schaffen. Neben Partys und Konzerten gab es in der Schnapsfabrik Flohmärkte und Ausstellungen. Außerdem richteten die BetreiberInnen ein Fotolabor und eine Siebdruckwerkstatt ein. Als die Kündigung kam, vermuteten sie einen Angriff der Stadt auf linke, autonome Kulturprojekte. Der Leiter der Bauaufsichtsbehörde indes bezeichnete die Anschuldigungen als absurd und erklärte, streng nach Vorschrift gehandelt zu haben.

Ein neues autonomes Zentrum könnte nach Ansicht der AktivistInnen in Kalk eingerichtet werden, wo schon die Schnapsfabrik beheimatet war. Denn in diesem Stadtteil gibt es viele leerstehende Häuser. Um eines von ihnen zu ergattern, sollen die Pyranha-Aktionen im November weitergehen.