Gott hasst Amerika

Eine Kirche aus Kansas hat eine eigenwillige Erklärung für den Irakkrieg gefunden und zieht damit den Hass der amerikanischen Nation auf sich. Tote SoldatInnen seien Gottes Strafe für Homosexualität. Von Johanna Böttges

Familie Phelps ist nicht zu beneiden. Denn die Gründerfamilie der Westboro Baptist Church (WBC) ist weltweit bekannt - als »The Most Hated Family in America«, wie sie jüngst eine TV-Dokumentation der BBC bezeichnete. Die neunzig Nachkommen und Anverwandten des Kirchengründers Fred Phelps aus Kansas verbindet eine göttliche Mission: Amerika von der »Sünde« der Homosexualität abzubringen. Gemeinsam nutzen sie darum ihre Rechte auf freie Meinung, Religion und Demonstration für gewaltfreie Proteste im ganzen Land - und ziehen den Hass der Nation auf sich.

Denn die Phelps haben sich einen ungewöhnlichen Ort für ihre Aktionen ausgesucht. Sie demonstrieren fast ausschließlich auf Beerdigungen, und zwar gegen die Verstorbenen. Damit stören sie die Andacht der Trauernden, verletzen aber auch das patriotische Ehrgefühl vieler US-AmerikanerInnen. Denn beliebtes Ziel der allwöchentlichen Protest-Ausflüge sind Begräbnisse gefallener Irak-SoldatInnen. Dort stellen sich Fred Phelps, seine Frau und die Töchter zusammen mit anderen Gemeinde- und Familienmitgliedern auf und lassen ihre Plakate sprechen: »Thank God for Dead Soldiers«, »Fag Soldier in Hell« oder »God Hates America«.

Für den vermeintlichen Zusammenhang zwischen toten IraksoldatInnen, Homosexualität und Gottes Amerika-Hass hat die WBC eine absurde Erklärung. So seien tote SoldatInnen Gottes Bestrafung dafür, dass die US-amerikanische Gesellschaft die homosexuelle Sünde toleriere. Deshalb treten die religiösen FanatikerInnen auch auf Beerdigungen von Homosexuellen, liberalen PredigerInnen und Katastrophenopfern auf.

Einzig der Auftritt der ProtestlerInnen anlässlich eines High-School-Massakers konnte bisher verhindert werden. Allerdings nur, indem ein Talkshow-Moderator die Phelps überredete, gegen eine Stunde freie TV-Sendezeit auf den Protest zu verzichten. Kürzlich hat ein Gerichtsurteil im Staat Maryland dem missionarischen Eifer der WBC zumindest finanziell einen Dämpfer verpasst. Fünf Millionen Dollar müssen Phelps und Co dem Vater eines Irak-Soldaten zahlen, auf dessen Begräbnis sie 2006 demonstrierten. Andere Bundesstaaten haben bereits Verordnungen erlassen, nach denen nur in einer Entfernung von rund 150 Metern zum Begräbnis demonstriert werden darf, sonst drohen Geld- und Gefängnisstrafen. Ob die Aktionen der weniger als hundert DemonstrantInnen einen solchen Eingriff in demokratische Grundrechte rechtfertigen, ist jedoch umstritten.

Auch in der Bevölkerung gibt es Gegenwehr. Den Familien von SoldatInnen, die um ihre ungestörte Trauer fürchten, stehen die Patriot Guard Riders zur Seite. Die Motorradgang besteht größtenteils aus KriegsveteranInnen, die die Trauernden von der WBC abschirmen. Im Internet findet sich Widerstand zumeist in satirischer Form. So parodieren zahlreiche Internetprojekte die vielen Webadressen der Kirche und nennen sich zum Beispiel »God loves fags«, »God hates WBC« oder (als Anspielung auf ein Bibelzitat) »God hates shrimp«. Auch im Online-Netzwerk Facebook hat sich eine Gruppe gegründet, die Gegenproteste organisiert.

Auf ihrer Homepage kündigt die Kirche derweil neue Proteste an. Der Tod einer Mutter und ihrer vier Kinder, die im März im Bundesstaat Iowa erschossen wurden, wird freudig begrüßt: »Thank God for six people dead in Iowa City! God sent the shooter.« Weiter unten steht: »Beware of Iowa - Land of the Sodomite damned.« Wenige Tage später bedankt sich die Gemeinde für den Tod von vier SchülerInnen, die bei einem Autounfall ums Leben kamen.