Fragwürdige Mieter

Die Universität vermietet immer häufiger Räume an esoterische und pseudowissenschafliche Organisationen. Von Nadine Gottmann

Einige Studierende, die im vergangenen Jahr an dem Campussport-Kurs Yoga teilnahmen, waren überrascht, als der Kursleiter am Ende der ersten Übungsstunde mit einer Broschüre zu weiteren Veranstaltungen einlud. Es handelte sich dabei um sein Programm am Kheyala Institut für Yoga, Schamanismus und interdisziplinäre Forschung. Negativ ins Auge stachen vor allem die angebotenen Heilungszeremonien: Diese versprechen Schwerkranken, denen die Schulmedizin nicht mehr helfen kann, Heilung durch einen Kreis von Menschen, »die zwischen den verschiedenen Welten hin- und herreisen«. Der Preis für diese fragwürdige Methode beläuft sich je nach Aufwand auf 200 bis 350 Euro.

Vorkommen sollten solche Fälle nach Ansicht der Uni eigentlich nicht. »Es ist den Kursleitern untersagt, den Hochschulsport für privates Interesse zu nutzen«, sagt Eckhard Rohde, Leiter des Hochschulsports, dem dieser Fall bis zur philtrat-Anfrage nicht bekannt war. »Wenn es dann auch noch in die Richtung einer Sekte geht, ob politisch oder ideell, würde ich das sofort unterbinden.« In der vergangenen Zeit entsteht jedoch der Eindruck, dass die AnhängerInnen pseudowissenschaftlicher Gruppierungen nicht länger verdeckt auftreten müssen, sondern offensiv für ihre meist kostenpflichtigen Seminare werben und sie sogar in den Räumlichkeiten der Universität veranstalten können. Nicht erst seit dem spektakulären Auftritt David Lynchs, vor dessen »Stiftung zum Weltfrieden« unter anderem der Sektenbeauftragte der Evangelischen Kirche, Thomas Gandow, warnt, finden immer mehr dubiose Organisationen Eingang in die Hochschule. So hielt der Guru Aba Aziz Makaja, der behauptet, schon als Pharao, Leonardo da Vinci und Yogi Sri Aurobindo wieder geboren worden zu sein, im Oktober 2007 im Hörsaalgebäude einen Vortrag mit dem Titel »Modell einer sexuell gesunden Gesellschaft«. Der Sprecher der Uni Köln Patrick Honecker verteidigt diese Auftritte. »Die Universität ist ein öffentlicher Raum des Austausches und lässt Minderheiten zu Wort kommen, solange sie nicht gegen das Grundgesetz verstoßen«, erklärt er. »Skurrilität ist kein Hinderungsgrund.« Diese Meinung teilen viele Studierende nicht. Sie weisen auf die Gefahren von Veranstaltungen wie der des Sektenführers und selbst ernannten Übermenschen Makaja oder von »Global Scaling« hin. Letzteres ist eine ganze Veranstaltungsreihe aus dem vergangenen November über positive Eigenschwingungen, die so genannte »Melodie der Schöpfung«, die angeblich technische Abläufe begünstigen können. »Im Zeitalter von allgemeinen Studiengebühren ist die weitere kommerzielle Ausschlachtung der Bildung und der Hochschulen nicht zu duldenoder kulturellem Deckmäntelchen erfolgt«, sagt Marc Faßbender von der Alternativen Liste. »Dabei ist es ganz egal, ob dies unter religiösem oder kulturellem Deckmäntelchen erfolgt.« Faßbender weist auf die Zugkraft hin, die platte Erklärungsmuster und angeblich höhere Weisheiten in der momentanen sozialen Unsicherheit haben könnten. Die Universität sieht es hier nicht als ihre Aufgabe, Verantwortung zu übernehmen. Dass es bei der Vermietung von Räumen an die umstrittenen Gruppen um Geld gehe, weist Honecker zurück, räumt jedoch ein, dass die Hochschule Veranstaltungsprogramme liberaler überprüfe als andere öffentliche Einrichtungen: »Lynch war schon ein Grenzfall.« Da bleibt die Frage, wie die Universität wohl zu einem Angebot von Tom Cruise stehen würde. Denn wo verläuft die Grenze zwischen Skurrilität und Gefahr? »Das sind Einzelfallentscheidungen«, sagt Honecker. »Scientology wäre aber sowohl aus religiöser, als auch aus staatlicher Sicht kritisch.«